Die Tagesordnung versprach einen reibungslosen Ablauf der letzten Gemeinderatsitzung des Jahres 2022. Allerdings verursachte der unerwartete Wintereinbruch tags zuvor auf das Ende zu eine heftige Diskussion, wie der Bauhof das Schneeschieben in Zukunft zu handhaben hätte.
Es begann mit dem Punkt „Sonstiges“, als Dritter Bürgermeister Ludwig Blum (CSU) den Ersten Bürgermeister Manfred Deinlein (SPD) fragte, warum der Winterdienst neuerdings eingeschränkt worden sei.
„Wir haben uns dazu entschieden“, erklärte das Oberhaupt, „dass wir nur die Straßen räumen lassen, die gefahrenträchtig sind“. Die Hauptstraße werde natürlich geräumt, die Bahnhofstraße, weil sie stark befahren sei, dazu der Weg zur Schule, zum Kindergarten und zum Hort. „Ansonsten sehen wir derzeit keine Gefahr, ich wurde heute schon mehrfach angerufen und habe dies erklärt“, fügte er hinzu. Wenn man mit angemessener Geschwindigkeit die Straßen befahre, und die seien auf 30 km/h beschränkt, müsse man die Vorsicht einhalten. Bei solchen Wintersituationen müsse man angemessen fahren, so wurde die angesprochene Situation begründet.
Auf die Frage aus dem Gremium, wer „wir“ sei, entgegnete Deinlein: „Wir haben es mit dem Bauhof beschlossen. Es gibt eine Satzung, in der steht, dass wir eingeschränkten Winterdienst haben, dort ist genau vorgegeben, was die Bürger zu räumen haben und was die Gemeinde.“ Es sei in den vergangenen Jahren immer viel zu viel geräumt worden. Das habe Beschwerden verursacht, da parkende Autos ‚zugeräumt‘ worden seien. Als Bürgermeister habe er angekündigt, dass wir es jetzt anders handhaben: „Wir werden es jetzt umsetzen, und nach der Satzung dort räumen, wie vorgesehen. Ansonsten müssen wir die Satzung ändern.“
Auch die Hinweise von Gemeinderat Markus Sippel (WBFW), dass Berge da seien, die ungeräumt waren, die Bürger dafür Steuern zahlen würden, dass nicht mehr die Winter wie früher seien, und nicht mehr enorm Salz gestreut werden müsse, stellte für den Bürgermeister keine ausreichende Begründung dar, von seinem Vorsatz abzuweichen. Er verwies auf die Satzung, welche nach der Bayerischen Gemeindeordnung erlassen worden wäre: „Schaut sie euch an und macht Vorschläge zur Änderung. Ich bin der Meinung, und das sieht die Satzung so vor, dass bei einer Schneedecke von acht Zentimeter ein Räumeinsatz nicht nötig sei.“
Das Salz-Silo im Bauhof ist bereit für den Winterdienst
Gemeinderat entscheidet sich anders
Der Dritte Bürgermeister verwies erneut „auf die Fußgänger, die über den Dorfplatz und an der Eidelsgasse, einer ‚steilen Strecke‘ entlanggehen. Und er habe erst so nebenbei erfahren, dass heuer der Winterdienst eingeschränkt ist. „Jawohl, ich habe es dem Bauhof so gesagt, wir setzen die Satzung um. Ihr wisst genau, dass wir unter Beobachtung der Bürger stehen. Wir setzen die Satzung um, auf Einhaltung eines eingeschränkten Winterdienstes.“ Nun schaltete sich Zweiter Bürgermeister Jürgen Baum (WBFW) ein: „Hätte man nicht vorher mit dem Gemeinderat reden können?“ und der Dritte hakte nach: „Warum steht es nicht im Amtsblatt?“ „Es war dort gestanden“, verteidigte sich das Gemeindeoberhaupt.
Schließlich wollte Maximilian Menzel (CSU) wissen: „Wo ist die Satzung?“““ Und Clarissa Schmitt (CSU) fügte hinzu, dass es eine Verordnung von 2004 gebe, welche die Sicherung der Gehbahnen im Winter gewährleiste. Der Zweite Bürgermeister verwies erneut darauf, dass in den letzten fünf Jahren der Winterdienst gut funktioniert hätte. Die Begründung des Ersten, seine Anordnung habe den Hintergrund gehabt, Energie- und Personalkosten einzuschränken, wurde vom Gremium nicht akzeptiert.
Nachdem Deinlein nach langem Suchen keine diesbezügliche Satzung vorlegen konnte, wurde ein Beschluss formuliert: Der Winterdienst soll so aufrecht gehalten werden, wie während der vergangenen Jahre. Und diesem wurde mit einer Gegenstimme zugestimmt.
Die Sicherung der Gehbahnen im Winter bezieht sich auf Paragraph 9 (Sicherungspflicht) der Satzung vom 10. Februar 2004. Neben der Möglichkeit, eine Liste anzulegen, welche Straßen geräumt werden sollen, wird im Absatz 2 Satz 2 explizit darauf hingewiesen: „Die Sicherungspflicht besteht für alle Straßen, auch wenn diese nicht im Straßenverzeichnis aufgeführt sind.“
Satzung von der Gemeinde-Webseite Reckendorf (pdf)
Neue Wasserabgabe- und -gebührensatzung
Mit Blick auf die baldige Auflösung des Wasserzweckverbandes wurde dem Gemeinderat eine „Satzung für die öffentliche Wasserversorgungseinrichtung der Gemeinde Reckendorf – Wasserabgabesatzung (WAS)“ zum Beschluss vorgelegt. Bürgermeister Deinlein verwies ausdrücklich darauf, dass diese erst nach dem Auflösungszeitpunkt veröffentlicht werden sollte, und am Tag danach in Kraft trete. Die Auflösung des Wasserzweckverbandes sei in 2022 nicht mehr möglich und wird wahrscheinlich auf den 31. März 2023 anvisiert. Es stehe jedoch noch die Genehmigung aus. Man benötige diese Satzung, um nach Übertragung auf die Gemeinde eine Abrechnungsgrundlage zu erhalten. Richtlinie sei die Mustersatzung des Bayerischen Gemeindetags, große inhaltliche Differenzen dazu gebe es nicht. Erst nach der Auflösung könnten die Arbeiten für die Wasserversorgung an der B 279 in Auftrag gegeben werden, fügte Deinlein hinzu.
Markus Sippel (WBFW) äußerte diesbezüglich, dass er dafür plädiere, die Auflösung aufzuschieben, und erst den Förderantrag zu stellen, damit es keine Probleme bei der anstehenden Ausführung gebe. „Ja, es könne tatsächlich Probleme gebe“, fügte der Bürgermeister hinzu, „dies werde jedoch erst nach seinem Termin mit dem Planungsbüro Anfang Januar abgeklärt“. Doch seien die Satzungen davon nicht betroffen. Auch Ludwig Blum (CSU) hatte Befürchtungen, dass die Bearbeitung des Förderantrages eine Verzögerung darstelle, die die Bauarbeiten in 2024 verschieben könnte. Und Hartwig Pieler (CSU) erinnerte an seine Einwände in der Oktobersitzung, ob es Probleme geben könnte. Diese wurden damals beschwichtigt, „und jetzt haben wir doch eines!“
Der Bürgermeister sah jedoch kein Problem, er rechne mit einer Bearbeitungszeit des Antrags von sechs Wochen. Mit vier Gegenstimmen wurde die Satzung, auf den Weg gebracht. Die davon abhängige Gebührensatzung erhielt identische Stimmenzahl. Hierzu äußerte der Bürgermeister jedoch noch entgegen seiner Ankündigung auf die explodierten Stromkosten in der Bürgerversammlung, dass sich die Gebühren nicht erhöhen werden.
Kinderbetreuung ausreichend
Äußerst ausführlich wurde die Bedarfsuntersuchung der Sachbearbeiter des Landratsamtes Bamberg vorgestellt. Diese vorausschauende Planung für Kinderkrippe und -tagesstätte, zu der der Landkreis verpflichtet ist, wurde nach dem Hildesheimer Modell erarbeitet. Einbezogen wurden die Geburten- und Sterbefälle, die Zu- und Abzüge sowie die geplante Baulandmobilisierung. Mit Betrachtung dreier Szenarien, der natürlichen, der ausklingenden und der konstanten Wanderung konnte dargelegt werden, dass es mit den vorhandenen Kindergartenplätzen keine Probleme, also keine Überbelegung geben werde. Mit Blick auf die Jahre 2030/31 sei von einer geringen Auslastung auszugehen.
Der hohe Ansatz von 114 Prozent der zwischen drei und vierjährigen Kinder wurde mit Hinweis von Dr. Frank Güthlein (WBFW) damit begründet, dass es sich auch um Kinder handelt, welche nicht in Reckendorf wohnen. Dies wurde vom Bürgermeister bestätigt. Die Untersuchungen haben nicht berücksichtigt, dass mittlerweile in Gerach ein neuer Kindergarten entstanden sei, daher die Überbelegung. Mit Blick auf die 2026 einzurichtende offene Ganztagesschule erinnerte Deinlein, dass Baunach und Reckendorf derzeit unterschiedliche Qualitätsanforderungen ansetzen würden.
Die Johanniter-Kinderinsel mit ihrem im Herbst 2022 in Betrieb genommenen Erweiterungsbau
Bernhard Müller (SPD) vergewisserte sich, dass in der Untersuchung die Mittagsbetreuung „Landpiraten“ nicht enthalten sei, was der Bürgermeister bejahte. Diese hätten kein pädagogisch geschultes Personal. Bernhard Zahner (WBFW) beteuerte, dass man die „Landpiraten“ brauche. Deinlein erwähnte noch, dass der AWO Schülerhort mit 50 zu betreuenden Kindern ausgebucht sei, was man bei der Eröffnung der zusätzlichen Mittagsbetreuung nicht abschätzen konnte.
Solarpark
Nachdem die Änderung des Bebauungsplans für den Solarpark auf Reckendorfer Gebiet bereits auf den Weg gebracht worden war, musste auch der Flächennutzungsplan in einer 9. Änderung darauf abgestimmt werden. Der dem Gemeinderat bekannt gemachte Vorentwurf wurde mit einer Gegenstimme genehmigt.
Neues Logo für Reckendorf
Etwas überraschend kam für den Gemeinderat die Vorstellung eines Gemeindelogos, welches zukünftig auf dem Briefkopf des Bürgermeisters die Merkmale der Gemeinde darstellen sollten. Weder Beschreibung noch Logo selbst war bei der Ladung und Tagesordnung mitgeteilt worden. Es sei aber schon auf den Weihnachtsgeschenken der Gemeinderäte aufgedruckt, so Deinlein.
Neben dem Schriftzug „Reckendorf“ stelle eine rote Linie die Backsteinkamine der Ziegelei und des Stolbingers dar, die Silhouette eines Seidla-Kruges weise auf das Brauereiwesen, erinnert werde an die Musikkultur, und das schwarze Zeichen stehe für die Fachwerkhäuser, fränkische Dächer, den Schiefer des Kirchturms. Das blaue Zeichen meint einen Storch im Anflug, erinnert an die Bahnlinie, an der Reckendorf liegt, an die Baunach und die Bundesstraße.
Schon lange habe der Bürgermeister um Vorschläge gebeten, nun sei dieser Entwurf nach den Hinweisen einer Designerin entstanden. Auf die Frage, „was der Spaß koste“, entgegnete Deinlein, ein Essen mit der Designerin, das Copyright liege beim Bürgermeister.
Nachdem der Wunsch aufkam, den Entwurf erst wirken zu lassen und die Beschreibung zu erhalten, wurde das vorgestellte Logo zunächst nur zur Kenntnis genommen.
Sonstiges
Nachdem der Musikverein Reckendorfer Musikanten einen Zuschussantrag auf Beteiligung der Gemeinde zur Anschaffung neuer Uniformen gestellt hatte, wurden ihm 1.000 Euro – ein Drittel der Gesamtkosten – vom Gremium zugesichert.
Der Männergesangsverein Liederhort erhält zudem auf seine Anfrage hin eine Förderung in Höhe von 150 Euro.
Die Bauarbeiten am Parkplatz in der Bahnhofstraße hatten mittlerweile begonnen und waren witterungsbedingt wieder unterbrochen worden.
Die Themen in der Bürgerversammlung bezogen sich hauptsächlich auf die bevorstehende Sanierung der Hauptstraße, die zu hohe Geschwindigkeit auf der Kreisstraße nach Gerach sowie die Kosten für Stolbinger und Archiv.
Auf Nachfrage, ob der noch ausstehende Betrag für die Auslagen der Fortbildung des Heimatpflegers bereits gezahlt wurde, entgegnete Deinlein: „Das ist nicht geschehen.“.
Nachdem Clarissa Schmitt erneut nachgefragt hatte, wann endlich die Sitzung der Nathan-und-Rosa-Walter’schen-Kinderheimstiftung anberaumt werde, erklärte dessen Erster Vorsitzende Deinlein, dass eine Terminabsprache mit Herrn Müller, der für die Feuchtigkeitsreduzierung der Gebäude verantwortlich sei, noch notwendig ist.