Mit Kommentar!
An die 200 Zapfendorfer waren am Donnerstagabend gekommen, um einer mit Spannung erwarteten Gemeinderatsitzung beizuwohnen. Angekündigt war eine Erklärung der Gemeinde durch den Zweiten Bürgermeister Siegfried Bauer in Sachen Matthias Schneiderbanger. Diese verlas Bauer auch, und betonte die schwierigen Aufgaben, die auf die Gemeinde zukommen – womöglich ohne einen handlungsfähigen Ersten Bürgermeister.
Denn: „Ein Bürgermeister ist grundsätzlich für sechs Jahre gewählt, nur er selbst kann über einen Rücktritt entscheiden. Eine Abberufung durch den Gemeinderat oder die Bürger ist nicht möglich“, betonte Siegfried Bauer. „Die Entlassung aus dem Dienst kann nur durch die Rechtsaufsichtsbehörde, also das Landratsamt, erfolgen.“ Das Landratsamt hat den Fall aber an die Landesanwaltschaft Bayern übertragen. Wie lange Zapfendorf damit ohne einen aktiven Ersten Bürgermeister bleiben wird, steht somit in den Sternen. Die einfachste Lösung wäre sicher ein Rücktritt von Schneiderbanger, so dass dann innerhalb von drei Monaten Neuwahlen angesetzt werden könnten – zwingen kann ihn dazu aber niemand.
Vorne: Zweiter Bürgermeister Siegfried Bauer und Dritter Bürgermeister Georg Ries bei Ihrer Vereidigung. Nun muss Bauer das Rathaus in Zapfendorf übergangsweise führen.
Viele Schneiderbanger-Wähler waren da
Gekommen waren auch viele Mitglieder aus den Vereinen und Stammtischen, in denen Schneiderbanger zum Teil schon seit langer Zeit aktiv ist. Sein Engagement hatte ihm bei der Kommunalwahl im März viele Stimmen gebracht. So mancher Bürger, der im Schulungsraum des Feuerwehrhauses mit dabei war, wo die Gemeinderatssitzung aus Platzgründen stattfand, zeigte sich mit der Erklärung allerdings nicht zufrieden. Mehr scheint zum aktuellen Zeitpunkt aber „nicht drin“, da die Ermittlungen gegen Schneiderbanger im vollen Gang sind. Im Folgenden geben wir Ihnen die Erklärung der Gemeinde vollständig wieder.
Im Einzelnen stellt sich der Sachstand aus Sicht des Marktes Zapfendorf bisher wie folgt dar:
Ende der 48. KW 2014 sind der Gemeindeverwaltung Unstimmigkeiten bei Buchungsvorgängen aus dem Zeitraum der Jahre 2013 und 2014 aufgefallen. Im weiteren Verlauf wurden intensive Prüfungen von Konten der Gemeinde zur Klärung der Buchungen durchgeführt. Eine Person geriet als möglicher Verursacher der Buchungsunstimmigkeiten in Verdacht. Die Mitarbeiter der Verwaltung, die die Überprüfung durchführten, informierten unverzüglich den zuständigen Bürgermeister und den Vorsitzenden des Rechnungsprüfungsausschusses des Gemeinderates von ihren Feststellungen. Grundsätzlich gilt zugunsten jedes Verdächtigen die Unschuldsvermutung bis zum gesetzlichen Beweis seiner Schuld.
Die Verdachtsmomente erhärteten sich so weit, dass am Morgen des Montags, des 01.12.2014, Anzeige durch die Gemeinde bei der Kriminalpolizei in Bamberg erstattet wurde. Außerdem wurde das Landratsamt als Rechtsaufsichtsbehörde von den Feststellungen informiert. Diesen Behörden wurden alle bis dahin gewonnenen Erkenntnisse mitgeteilt.
Im Verlauf des Vormittags des 02.12.2014 durchsuchten Beamte der Staatsanwaltschaft Hof, die Fälle von Wirtschaftskriminalität in Oberfranken verfolgt, und Beamte der Kriminalpolizei auch Diensträume eines Verdächtigen. Durch die Mitarbeiter der Gemeindeverwaltung wurden alle seitens der Ermittlungsbehörden benötigten Unterlagen und Daten bereitgestellt.
Weitere Auskünfte sind aufgrund der laufenden Verfahren nicht möglich.
Schneiderbanger (vorne in der Mitte) zwischen dem im Frühjahr neu gewählten Gemeinderat.
ICE und mehr: Zapfendorf steht vor schwierigen Aufgaben
Abgestimmt hatte die Gemeinde die Erklärung mit der Staatsanwaltschaft Hof und einem Anwalt. Wichtig war Siegfried Bauer auch, die Aufgaben zu betonen, die auf Zapfendorf zukommen. „Die schwierige Haushaltslage, die zu Sparmaßnahmen zwingt, lässt kein Aufschieben von Entscheidungen zu.“ Der Gemeinderat stehe aktuell bei der Führung der Amtsgeschäfte hinter ihm, und auch Altbürgermeister Josef Martin habe seine Unterstützung zugesagt, insbesondere bei den Verhandlungen mit der Deutschen Bahn, die in Kürze wieder anstünden. Bauer widersprach auch Presseberichten mehrerer Zeitungen, die Buchungen in den Zusammenhang mit einem Grundstückskauf durch die Gemeinde gerückt hatten.
Die restlichen Tagesordnungspunkte der Gemeinderatsitzung wurden vertagt, lediglich über eine kleinere Änderung der Gebührensatzung in Sachen Freibad Aquarena wurde entschieden: Ab der kommenden Saison soll es wieder einen vergünstigten Abendeintritt, anderthalb Stunden vor Betriebsschluss, geben. Außerdem wird die Anzahl der Kinder, die im Rahmen der Familientageskarte Eintritt erhalten, auf vier Kinder begrenzt.
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Kommentar: Kontrolle hat funktioniert
Stellen wir uns einmal folgendes vor: Sie sind Schüler, haben mal wieder eine schlechte Note erhalten und Ihre Eltern sollen auf der Arbeit zur Kenntnisnahme unterschreiben.
Sie wollen aber nicht auffliegen. Was bleiben für Möglichkeiten? Die Unterschrift eines Elternteils fälschen? Das Dokument kopieren und dabei den wichtigsten Teil abdecken? Einscannen und Photoshop einsetzen? Oder die Arbeit vorlegen und sagen: „Unterschreib mal schnell, ich muss dringend weiter?“
Nein, wir wissen nicht, wie genau es Matthias Schneiderbanger gelang, fast 300.000 Euro aus der Gemeindekasse abzuzwacken. Über die Hintergründe ist noch nichts bekannt. Es scheint aber nur logisch, dass sich der erst seit Mai 2014 amtierende Bürgermeister von Zapfendorf ein System ausgedacht hat, um die Mitarbeiter seiner Gemeindeverwaltung zu täuschen und seine Aktivitäten zu verschleiern. Denn sonst wäre schon viel früher aufgefallen, dass etwas nicht stimmt. Positiv ist: Dennoch flogen die Buchungen auf – und zwar nicht durch eine externe Prüfung, sondern in der Verwaltung selbst.
Dann ging alles ganz schnell. Und die Gemeindeverwaltung hat angekündigt, nach Kräften bei der Aufklärung und Aufarbeitung mitzuhelfen. Dafür wurden der Staatsanwaltschaft die nötigen Unterlagen zur Verfügung gestellt. Die Ermittlungen dauern an, und es wird sicher Zeit vergehen, bis wir wissen, wohin die Gelder wirklich flossen – und wofür sie verwendet wurden. Im ungünstigsten Fall könnte auch so manches im Dunkeln bleiben.
Für die Gemeinde Zapfendorf wäre ein Rücktritt von Schneiderbanger, zumal er geständig ist, die wohl beste Lösung. Denn einen monatelangen Stillstand kann sich Zapfendorf aktuell nicht leisten. Wie der Zweite Bürgermeister Siegfried Bauer zurecht meinte: „Wir müssen zum Wohle unserer Gemeinde weiterarbeiten.“ Vorerst aber muss er die Amtsgeschäfte weiterführen – eine Herausforderung.