Bereits 1995 begann das Planfeststellungsverfahren. Nun, am 16. Mai 2013, informierte Dieter Thormann von der DB-Projektbau den Gemeinderat Kemmern über den aktuellen Sachstand bezüglich der Beseitigung des schienengleichen Bahnübergangs im Zuge des Streckenausbaus. Die einst im Konsens aller Beteiligten gefundene Lösung, den Bahnübergang durch eine Unterführung für Radfahrer, Fußgänger und landwirtschaftlichen Verkehr zu ersetzen, ist zum Missfallen des Gemeinderates allerdings nicht mehr Bestandteil der Planung.
Bürgermeister Rüdiger Gerst (CSU) formulierte sehr deutlich, dass dies für Kemmern unzumutbar sei und forderte nicht nur eine konkrete Kostenzusammenstellung für die geplanten Maßnahmen, sondern auch das Straßenbauamt mehr in die Planungen einzubeziehen, um ganzheitlich eine annehmbare Lösung zu finden.
„Gegenüber den Plänen von 1995 hat sich wenig geändert.“ So leitete Martin Eckert die Erläuterung der aktuellen Planunterlagen ein. Das Gleisbett werde für vier Gleise verbreitert, eine 750 Meter lange Strecke zwischen Hallstadt und Breitengüßbach sei als Überholbahnhof geplant, was bedeutet, dass ein zusätzliches fünftes Gleis in der Mitte geführt werde, um eine Ausweichmöglichkeit für langsame Züge zu schaffen. Der Bahnübergang bei Kemmern solle durch eine Brücke für den landwirtschaftlichen Verkehr, die sich am Kreisel von Breitengüßbach anschließt, ersetzt werden. Das bedeute für die Kemmerner Bauern einen zumutbaren Umweg von unter drei Kilometern. Rosi Schmitt fragte direkt, ob dies auch die Autofahrer im Feierabendverkehr auf der B 4 als zumutbar sehen würden, wenn landwirtschaftlicher Verkehr mit 20 Stundenkilometern den Verkehrsfluss verlangsame.
Dieter Thormann von der DB-Projektbau GmbH erläutert die aktuellen Pläne zum Ausbau der Strecke und der Ersatzmaßnahme am Kreisel Breitengüßbach.
Alte Ideen, alte Pläne, neue Informationen?
Dieter Thormann beantwortete die Frage von Volker Pflaum (UBB) nach der Bürgerfreundlichkeit solcher Planungen damit, dass keine konkreten Zahlen vorlägen, wie viele Kemmerner tatsächlich den Bahnübergang als Querung nutzen. Die von der Bahn 2010 angekündigte Verkehrszählung sei aber noch nicht durchgeführt worden. Der notwendige Lückenschluss des die Bundesstraße begleitenden Radweges zwischen Hallstadt und Breitengüßbach werde beim aktuellen Planungsstand nicht berücksichtigt, wie Gerst anmerkte. Auch wenn das Thema Fahrrad immer wichtiger wird, gäbe es laut Dieter Thormann keine Auflagen, noch nicht vorhandene Radwege in die Planung aufzunehmen.
Im gezeigten Modell-Film kommt weder eine Unter- noch Überführung der Gleise in der Höhe Kemmerns vor. Bei den Dimensionen, die der Gesamtausbau hat, falle eine eigene Gleisquerung gar nicht ins Gewicht, stellten die Gemeinderäte fest. Während der Erläuterung und der anschließenden Diskussion wurde deutlich, dass den Planern wichtige Parameter und Belange der Gemeinde neu sind, obwohl diese durch die Gemeinde Kemmern immer wieder gegenüber der Bahn artikuliert worden waren. So zeigte sich Dieter Thormann von der Tatsache überrascht, dass die B 4 im Bereich Kemmern nicht zur Gemeindestraße herabgestuft werden solle. Die Gemeinderäte waren sich einig, dass sich die Argumente, die für die favorisierte und 1995 auch nach Aussage des Eisenbahnbundesamtes realisierbare Ersatzmaßnahme (Unterführung für Rad-, Fuß- und landwirtschaftlichen Verkehr) sprechen, nicht geändert haben. Lediglich der Schwerlastverkehr zur Muna entfalle nun. Den Einwand Thormanns, dass man mit einer Unterführung zu nah am Grundwasser sei, ließ der Gemeinderat nicht gelten, da dies in den früheren Planungen auch kein Problem dargestellt habe.
Die bisherigen Berechnungen und Messwerte bezüglich des Anspruchs auf passiven Schallschutz für manche Häuser, die sich noch auf Pläne von 1996 stützen und auch seit dem neu gebaute Häuser nicht berücksichtigen, wurden ebenfalls vom Gemeinderat kritisch hinterfragt. Hier müsste der Planungsstand an die heutigen Tatsachen angepasst werden. Nach Ausführungen von Hans Hoegg, dem Beauftragten für den Schallschutz, werde im Zuge des Ausbaus für Kemmern durch die 3,5 Meter hohen Lärmschutzwände die Lautstärkenbelastung um fünf Dezibel reduziert, was in der subjektiv gefühlten Wahrnehmung einer Halbierung entspräche.
Martin Eckert (links) erläutert dem Gemeinderat die aktuellen Planungen.
Einschränkungen und Kosten für Kemmern, aber kein Nutzen?
Der Vertreter der DB-Projektbau, Dieter Thormann, nahm alle Kritikpunkte und Sachinformationen der Gemeinderäte interessiert zur Kenntnis und räumte ein, manche Planungsschritte seit 1995 selbst noch nicht vollständig nachvollziehen zu können. Er sehe den Konflikt, den Kemmern hier mit den Planungen habe. Mit diesem Treffen solle ein Dialog angestoßen, Argumente ausgetauscht und Gründe für alle möglichen Lösungen gesammelt werden, um die Planungen der DB-Projektbau gegenüber den zuständigen Gremien begründbar zu machen. Oberste Maxime sei bei der Realisierung die Wirtschaftlichkeit der einzelnen Maßnahmen im Gesamtprojekt.
Sollten die aktuellen Pläne, die die Forderungen Kemmerns nicht berücksichtigen und lediglich eine Querung in der Gemarkung Breitengüßbach realisieren, umgesetzt werden, sieht Gerst für die Gemeinde Kemmern keine Notwendigkeit, sich an den Kosten des Ausbaus zu beteiligen. Er bemängelte deutlich, dass der Gemeinde bislang weder für die jetzige Planung, noch für die vorherig geplanten Ersatzmaßnahmen Zahlen genannt werden konnten, um die verschiedenen Lösungen auch kostentechnisch vergleichen zu können. Dies wäre aber dringend nötig, um zum Beispiel auch mit Breitengüßbach und den anderen Gemeinden gemeinsam zu verhandeln und planen zu können. Dieter Thormann sicherte zu, eine solche Kostenzusammenstellung für alle sich im Gespräch befindlichen Varianten der Gemeinde Kemmern innerhalb der nächsten sechs Wochen vorzulegen.
Würdigung für über 25 Jahre Presseberichterstattung für Kemmern
Als letzten Punkt der Tagesordnung verabschiedete Bürgermeister Rüdiger Gerst den langjährigen Berichterstatter für Kemmern, Klaus Engelmann. Er würdigte besonders die Verdienste um die Außenwahrnehmung Kemmerns, die Engelmann durch seine Berichterstattung im Fränkischen Tag, aber auch in anderen Medien wie dem Heinrichsblatt erbracht hat. Engelmann, der 1986 mit seiner Frau von Berlin nach Kemmern gezogen ist, habe sich schnell etabliert sowie gesellschaftlich und sozial engagiert, was nicht zuletzt an seinen vielzähligen Funktionen und Vereinstätigkeiten in Kemmern abzulesen ist (unter anderem für den Ortskulturring, siehe unser Artikel 25 Jahre Herr über den Kemmerner Kalender). Für sein herausragendes ehrenamtliches Engagement ist der gebürtige Berliner bereits 2008 mit der Ehrennadel des Landkreises Bamberg und zu seinem 85. Geburtstag 2011 mit dem Wappen der Gemeinde Kemmern geehrt worden. Als Abschiedsgeschenk überreichte er eine Schiefertafel mit dem Relief Kemmerns und einen Gutschein. Klaus Engelmann bedankte sich sichtlich gerührt für diese Würdigung und erinnerte sich, wie freundlich er und seine Frau Ende der 1980er Jahre in Kemmern empfangen worden waren, das wollte er durch seine Arbeit und Vereinstätigkeiten zurückgeben. Für ihn sei „Kemmern die Mitte Deutschlands“, von hier habe er mit seiner Frau seinen Ruhestand genießen können, und sei viel gereist. In Kemmern fühlte er sich immer gut aufgehoben.
Klaus Engelmann (Mitte) zeigte sich erfreut über die Würdigung und das Geschenk der Gemeinde Kemmern,
das ihm von Bürgermeister Rüdiger Gerst (links) und 2. Bürgermeister Hans-Dieter Ruß überreicht wurde.
Dem Anlass entsprechend wurde nach der Sitzung mit einem Glas Sekt angestoßen.
Lena Thiem