„Re(h)inkarnation“: Verfremdete Jagdtrophäen in ehemaliger Metzgerei

„Nicht die Abbildung der Wirklichkeit ist das Ziel der Kunst, sondern die Erschaffung einer eigenen Welt“. Eine Feststellung des kolumbianischen Malers und Bildhauers Fernando Botero (87), die für den in Memmelsdorf bei Bamberg lebenden und arbeitenden Künstler Denis Delauney tiefe Gültigkeit hat. Mit seinem jüngsten, an Collagen erinnernden Skulpturen-Zyklus „Re(h)inkarnation“, der am 11. Oktober Premiere hat, stellt er das auf schon groteske, fast verstörende Weise zur Schau.

Der 58-Jährige zeigt von ihm bearbeitete Jagdtrophäen, Rehschädel, denen er eine neue Realität einhaucht – kritisch, surreal. Nicht etwa in einer Galerie. Delauney setzt dem Abstrusen seiner Kunstwelt die Krone auf, indem er die Gebeine im morbiden Umfeld der zum Abriss freigegebenen ehemaligen Metzgerei Georg Schober in Zapfendorf, Hauptstraße 27, vorstellt. Vernissage ist am Freitag, 11. Oktober, um 18 Uhr. 

Der Zyklus „Re(h)inkarnation“ umfasst 15 Objekte; die Themen reichen von „Re(h)ligion“ über „Re(d)en“ oder „Irre(h)al“ und „Re(h)flektion bis hin zum „Kernre(h)aktor“. Die Motive scheinen nicht zusammenzupassen, stehen widernatürlich zueinander – so, wie man sie in der Wirklichkeit nicht wiederfindet.

Delauney arbeitet mit der Verfremdung des Vertrauten, verbindet auf zum Teil verstörende Weise skurrile Realität und real erlebte Surrealität. Wenn er die von ihm mit Augen versehenen Rehschädel – das ausgeblichene Gebein farblich aufgepeppt – etwa in einer längst außer Betrieb genommenen Räucherkammer re(h)flektierend den Betrachter anstarren lässt – treibt er ein verwirrendes Spiel mit der Wahrnehmung einer verwandelten Wirklichkeit. Oder das Motiv „Re(h)daktion“, versehen mit dem Zitat „Die Presse muss die Freiheit haben, alles zu sagen, damit gewisse Leute nicht die Freiheit haben, alles zu tun“. Selbst Bob Dylan kommt mit „Don’t criticize what you can’t understand“ aus „The Times They Are A-Changin’“ zu Wort.


Denis Delauney stellt in Zapfendorf aus.


Delauney bei der Entstehung eines Werkes.

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Es ist ein Spiel mit der Realität und der Phantasie. Fragen werden aufgeworfen. Der Betrachter muss sich Zeit lassen beim Anschauen. Nicht immer versteht man den Inhalt sofort. „Hinter der Normalität des Alltags stecken skurrile und poetische Momente“, sagt Delauney, des als Künstler schätzt, die Freiheit zu haben mit dem Normalen zu spielen. Und: „Ich muss nicht von der Kunst leben, was mir eine gewisse Freiheit lässt. Ich kann und darf tun, was mir Spaß macht.“ Man muss nicht unbedingt etwas von Kunst verstehen, um die Objekte Delauneys interpretieren zu können. Es steht einem frei, zu verstehen was er möchte.

Denis Delauney wurde am 9. Juli 1961 in Alençon, der größten Stadt im Département Orne in der Normandie (Frankreich) geboren. Seit 1987 lebt und arbeitet er bei Bamberg, wo er ab 2006 seine auch international beachtete künstlerische Laufbahn eingeschlagen hat. Hierbei bewegt er sich in den Kunstgattungen Skulptur, Fotografie und Malerei.

Begonnen hat der Künstler damit, Masken aus Ton zu modellieren, diese zu bemalen und sie schließlich fotografisch in eine eigene Welt zu versetzen. Aus den Masken wurden Köpfe, das Material änderte sich von Ton zu Beton. Es entstehen androgyne Wesen, geschlechtslos, neutral, von den Spuren der Zeit gezeichnet. Zum Leben erweckt sie die Fotografie. Seine Arbeiten wurden in Deutschland, der Schweiz, Spanien und Italien gezeigt und auch ausgezeichnet.

Delauney nimmt sich die künstlerische Freiheit, etwas zu schaffen, was in der Realität nicht vorkommt. Er nimmt sich die Freiheit, mit seinen Objekten zu irritieren – ohne dabei auf eine sinnstiftende Erzählung zu verzichten – voller Fantasie, mit gestalterischer Kraft und der Bereitschaft, sich der Begutachtung zu stellen. So auch mit dem vorliegenden Zyklus „Re(h)inkarnation“. Und der ist mehr als ein Happening. Denis Delauney vermittelt Botschaften.


Die ehemalige Metzgerei bietet eine hervorragende Kulisse für die Ausstellung.

 

Das Wichtigste in Kürze

Re(h)inkarnation

in der ehemaligen Metzgerei Georg Schober

Vernissage am 11. Oktober 2019, 18 Uhr, Hauptstraße 27, Zapfendorf

Ausstellungsdauer bis 6. Dezember 2019

Öffnungszeiten freitags 14.30 bis 17 Uhr, samstags und sonntags jeweils von 14 bis 17 Uhr und nach Vereinbarung unter 0179 / 1300712

Mathias H. Walther
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