Die Energiekrise, die Energiewende und nachhaltige Energieerzeugung standen im Mittelpunkt der Gemeinderatssitzung in Reckendorf. Und dann war da noch die Geschichte mit dem gemeindlichen Heimatpfleger …
Die Stromkosten der Gemeinde werden aufgrund der aktuell stark steigenden Energiepreise voraussichtlich von 75.000 auf über 200.000 Euro pro Jahr wachsen. Während ein großer Anteil der Kosten auf die Kläranlage entfällt, macht auch die Straßenbeleuchtung viel aus. 321 Leuchten gibt es im Gemeindegebiet, bei rund 250 ist nur eine An- oder Abschaltung möglich, beim Rest gehen auch Nachtschaltungen mit reduzierter Beleuchtungsstärke. Nach Rücksprache mit dem Bayerischen Gemeindetag sei es versicherungstechnisch kein Problem, die Beleuchtung herunterzufahren oder sogar ab einer bestimmten Uhrzeit ganz abzuschalten.
In der Gemeinderatssitzung vom 12. Oktober 2022 stießen die Vorschläge auf offene Ohren. Gemeinderat Hartwig Pieler (CSU) meinte, es sollte nicht nur auf die Kostenseite geschaut, sondern auch die Blackout-Gefahr berücksichtig werden, die gerade in den Nachtstunden erhöht sei. Bernhard Müller (SPD) war hingegen der Meinung, eine Abschaltung senke die Sicherheit und sei ein gesellschaftlicher Rückschritt. Bei einer Gegenstimme fiel die Entscheidung, die Ortsbeleuchtung von 22 bis 5 Uhr abzuschalten, mit Ausnahme der Hauptstraße und der Bahnhofstraße. In diesen beiden Straßen soll eine Nachtschaltung oder die Abschaltung jeder zweiten Leuchte greifen. Einstimmig wurde außerdem beschlossen, die Umrüstung der verbliebenen 145 Kofferleuchten auf LED-Technik schnellstmöglich voranzutreiben.
Neuer Anlauf in Sachen Windkraft?
Vor rund zehn Jahren wurde der Regionalplan Oberfranken-West aktualisiert – und die Kommunen waren dazu aufgerufen, mögliche Vorrangflächen für Windkraft zu liefern. Damals sah es so aus, als würden in der Region nach und nach zahlreiche Windräder entstehen. Dann allerdings kam die 10H-Regelung der Bayerischen Staatsregierung, und die Pläne verschwanden erst einmal in der Schublade. Nun sieht es wieder anders aus, und das Kapitel „Windenergie“ im Regionalplan wird erneut aktualisiert.
In Reckendorf kämen Flächen im Bereich des Veitensteins für Windkraftanlagen in Frage. Nachdem diese aber nicht nur Reckendorf, sondern auch Baunach und Gerach betreffen, könnte es diesbezüglich zu einer Kooperation der Kommunen kommen, wie Bürgermeister Manfred Deinlein erklärte. Die Flächen befinden sich im Besitz der Bayerischen Staatsforsten, direkten Einfluss auf den Bau von Windrädern hat Reckendorf also nicht. „Es wäre aber sinnvoll, die Anlagen von unserer Seite aus zu ermöglichen“, so Deinlein. Im Einzelfall stünden natürlich ausführliche Prüfungen an. Bei einer Gegenstimme wurde beschlossen, die Flächen östlich von Reckendorf für den Regionalplan zu melden.
Die Karte, Quelle: Regionaler Planungsverband Oberfranken West, zeigt die bisher definierten Vorranggebiete für Windkraftanlagen (rot markiert). In blau (eingezeichnet von Nachrichten am Ort) der Bereich, in dem ebenfalls geeignete Flächen liegen und um den es im Gemeinderat ging.
Zu spät – mit Fehlern
Zusammen mit der Firma Südwerk hat die Gemeinde Reckendorf die „Reckendorfer Energiegesellschaft“ gegründet. Ziel ist der Bau eines Solarparks. Deinlein legte den Gemeinderäten einen aktuellen Plan vor, der die möglichen Flächen zeigte. Gemeinderat Erwin Wahl (CSU) stellte schnell fest, dass einige private Flächen, die angedacht waren, fehlten. Gemeindliche Flächen, die eingeplant waren, kommen außerdem aufgrund des dort gefundenen seltenen Schmetterlings Wiesenknopf-Ameisenbläuling nicht in Frage. Das führt dazu, dass ein großer zusammenhängender Solarpark nur schwer realisierbar sein wird. Im Entwurf fanden sich daher mehrere Einzelflächen.
Nachdem die Pläne und der Entwurf für den vorhabenbezogenen Bebauungsplan erst wenige Stunden vor der Sitzung vorlagen und die Räte das Material nicht ausführlich vorab begutachten konnten (Gemeinderat Markus Sippel, WBFW: „Wenn ich nichts weiß, kann ich auch nicht zustimmen“), vertagte das Gremium erst einmal die Aufstellung des vorhabenbezogenen Bebauungsplanes „Solarpark“.
Von Zweien, die nicht miteinander können
Seit dem Jahr 2014 gibt es in Reckendorf die Funktion des gemeindlichen Heimatpflegers. Das Ehrenamt übt Altbürgermeister Klaus Etterer aus. Ihm stehen pro Jahr 500 Euro für Weiterbildungen und ähnliche Aktivitäten sowie zusätzlich Mittel für Veranstaltungen zur Verfügung. Nachdem Etterer laut Bürgermeister Manfred Deinlein darüber hinaus finanzielle Forderungen stellte, sehe er finanzielle Risiken und empfahl, die Funktion eines Heimatpflegers aufzugeben.
In einem Gespräch mit drei Gemeinderäten und einem anschließenden Schreiben räumte Etterer das Thema Geld aber ab. Wichtig sei vielmehr, dass er wieder Zugriff auf die Synagoge, die Genisa-Ausstellung und den Judenfriedhof habe – die Schlüssel musste er an Deinlein zurückgeben, nachdem laut Deinlein in Etterers Wohnung „Unterlagen sichergestellt wurden, die dort nicht hingehören“. Über seine Aktivitäten wolle er nicht mehr Deinlein, sondern dem zweiten oder dritten Bürgermeister berichten. Auch welche Veranstaltungen er besuche, wolle er selbst entscheiden. „Das sollte aber die Gemeinde tun, die auch den Heimatpfleger bestellt“, erwiderte Deinlein. „Ich vertrete die Gemeinde.“ Zudem brauche es keinen Heimatpfleger, der zum Beispiel im Rahmen der Erstellung der Chronik die Gemeinde hängenlasse. „Wir kamen bis 2014 auch ohne aus.“
Klar wurde in der Sitzung: Zu einem normalen Arbeitsmodus werden Deinlein und Etterer nicht zurückkehren. Zu groß sind die Verstimmungen. Gemeinderat Hartwig Pieler wünschte sich einen Fortbestand der Position des Heimatpflegers. Denn wäre sie einmal abgeräumt, gingen viel Wissen und Kontakte verloren. Bernhard Müller meinte, man solle Deinlein und Etterer zu einem Mediator schicken. Und Maximilian Menzel (CSU) erklärte, er würde gerne auf eine noch ausstehende Entscheidung der Rechtsaufsicht am Landratsamt Bamberg warten, wo der Fall aktuell zur Begutachtung liegt. Ein Beschluss des Gemeinderats sollte dann genau regeln, was der Heimatpfleger dürfe und wem er berichte. Christian Günthner von der VG-Verwaltung, der in der Sitzung anwesend war, gab ebenso einige Informationen weiter. So entscheide zwar der Gemeinderat über den Fortbestand der Position, Ansprechpartner für den Heimatpfleger sei aber der Bürgermeister und niemand anders.
Bei zwei Gegenstimmen wurde beschlossen, das Thema zu vertagen und beim Landratsamt die Prüfung der Rechtsaufsicht anzumahnen. Bei dieser geht es um das Aushändigen der Schlüssel. Zudem sollen die Inhalte des Schreibens von Klaus Etterer auf rechtliche Umsetzbarkeit geprüft werden.