Ausnahmesituation: Plötzlich zwei Millionen Euro mehr Schulden

Ein Nachtragshaushalt mit zwei Millionen Euro zusätzlicher Kreditaufnahme. Der Gemeinderat in Breitengüßbach wurde mit einer schwierigen Situation konfrontiert. Am Ende waren sich fast alle einig, die Öffentlichkeit blieb aber größtenteils außen vor und bekam von der Diskussion zum Thema nichts mit.

Dienstag, 10. Oktober 2023, Gemeinderatssitzung in Breitengüßbach mit zwei markanten Tagesordnungspunkten: „Beratung und Beschlussfassung für den Nachtragshaushalt 2023“ und „Festsetzung der Realsteuerhebesätze ab dem Haushaltsjahr 2024“. Bürgermeisterin Sigrid Reinfelder eröffnete die Sitzung – und wurde von einem Geschäftsordnungsantrag von Stefan Schor (CSU) überrascht. Inhalt: Die beiden Tagesordnungspunkte sollten doch bitte nichtöffentlich behandelt werden, da es noch Beratungsbedarf gebe. „Wir machen aktuell den zweiten vor dem ersten Schritt“, so Schor.

Zweiter Bürgermeister Alexander Porst (SPD) und Bürgermeisterin Reinfelder sahen das anders. Porst: „Man kann nicht die Öffentlichkeit einladen und dann wieder ausladen.“ Als Kompromiss schlug er vor, der Kämmerer könne doch den Sachverhalt vortragen, die Diskussion dann erst einmal öffentlich stattfinden. Und wenn Details offen blieben, wäre immer noch eine nichtöffentliche Beratung und die Abstimmung über die beiden Punkte in der kommenden Woche möglich. Daraufhin wurde abgestimmt – acht zu fünf für Schors Antrag. Damit war die Sitzung schon nach wenigen Minuten für die Öffentlichkeit beendet.

Hohe Gewerbesteuer-Rückzahlung

Eine Woche später, Dienstag, 17. Oktober 2023. Erneut hatte die Gemeinde zur Sitzung eingeladen – mit den gleichen Tagesordnungspunkten. Kämmerer Christoph Hetzel präsentierte den Vorbericht zum Nachtragshaushalt. Hintergrund für dessen Notwendigkeit ist, dass die Gemeinde Breitengüßbach vom Finanzamt Bamberg Ende September mit einer wesentlichen Messbetragskorrektur für einen einzelnen Gewerbetreibenden konfrontiert worden war. Konkret geht es um die Jahre 2011 bis 2014. Die Folge: Eine Gewerbesteuer-Rückzahlung inklusive Zinsen in Höhe von 2.047.000 Euro.

Eine solche Summe könne Breitengüßbach nicht aus Rücklagen finanzieren, erklärte Hetzel. Zur Bewältigung dieser Ausnahmesituation sei der Erlass dieser Nachtragshaushaltssatzung unvermeidbar. Änderungen an der Finanzplanung und dem Stellenplan würden vorerst nicht vorgenommen. Gleichzeitig mit dem Erlass der Nachtragshaushaltssatzung müsse der der Gemeinderat eine neue Hebesatzsatzung beschließen, um die Einnahmesituation der Gemeinde dauerhaft zu stabilisieren. Dies sei Voraussetzung, um den Haushalt von der Rechnungsprüfung genehmigt zu bekommen. Da die Liquidität für die Rückzahlung nicht vorhanden sei, werde die Gemeinde Fremdkapital in Höhe von zwei Millionen Euro aufnehmen. „Andere Möglichkeiten haben wir nicht, auch aufgrund mannigfaltiger laufender Projekte.“ Die Gemeinde hätte zu Beginn des Jahres noch über Rücklagen von 2,6 Millionen Euro verfügt, die seien durch die Projekte aber, wie vom Gemeinderat beschlossen, aufgebraucht. Zudem sei mit einer solchen Situation, wie sie jetzt entstanden sei, nicht zu rechnen gewesen.

Diskussion verlagerte sich in die Nichtöffentlichkeit

Bürgermeisterin Sigrid Reinfelder ging noch ein wenig mehr in die Details. Ein Problem sei die Verzinsung – 2011 seien die Zinsen noch sehr hoch gewesen. Das führe dazu, dass aus rund 1,2 Millionen Euro Rückzahlung inklusive Zinsen zwei Millionen Euro geworden seien. Breitengüßbach müsse hier in den sauren Apfel beißen, staatliche Hilfe gebe es nur über Bedarfszuweisungen. Und das würde bedeuten: keine freiwilligen Leistungen mehr, das wolle man vermeiden.

„Breitengüßbach hat gut mit dem Geld der Bürgerinnen und Bürger gearbeitet. Für die aus dem Städtebaulichen Entwicklungskonzept abgeleiteten Projekte sind Fördergelder in Höhe von 60 bis 80 Prozent geflossen“, meinte Reinfelder. Sehr wohl müssten die Gemeinderätinnen und Gemeinderäte sich bei der Klausur im November aber Gedanken machen, welche Investitionen in den kommenden Jahren verschoben werden müssen.

Reinfelder eröffnete daraufhin die Fragerunde. Aus dem Gemeinderat meldete sich aber niemand, so dass sie zum Beschluss überleiten wollte. Alexander Porst ergriff dann erneut das Wort: „Es ist genau das eingetreten, was ich befürchtet habe. Durch den Antrag aus der vergangenen Woche ist das Thema aus der Öffentlichkeit herausgenommen worden. Das finde ich schade, denn in der Sitzung ging es kontrovers und emotional zu.“ Die häufigste Kritik, die er an den Gemeinderätinnen und Gemeinderäten höre, sei: „Ihr nickt nur ab, was die Verwaltung vorkaut.“ So komme das jetzt auch wieder rüber, obwohl er wisse, dass es nicht stimme. „So etwas stärkt die Kräfte, die immer wieder kritisieren. Die Verschiebung der Beschlussfassung um eine Woche war in Ordnung, aber die Verschiebung der Diskussion in die nichtöffentliche Sitzung war ein Fehler.“ Bei einer Gegenstimme wurde dem Nachtragshaushalt abschließend zugestimmt.

Steuern steigen ab 1. Januar 2024

Und dann war da noch die von der staatlichen Rechnungsprüfung geforderte Anpassung der Hebesätze. „Die Gemeindeverwaltung hätte diesen Vorschlag zum aktuellen Zeitpunkt nicht gemacht“, erklärte Kämmerer Hetzel. Erreicht worden sei zumindest ein Kompromiss. Bisher liegen die Grundsteuern und auch die Gewerbesteuer-Hebesätze bei 350 v. H. Ab 1. Januar 2024 sollen sie auf 380 v.H. steigen. Das bedeute für ein durchschnittliches Einfamilienhaus mit Grundstück pro Jahr etwa 20 Euro mehr. Von der Rechnungsprüfung war zunächst eine höhere Steigerung erwartet worden.

Bei drei Gegenstimmen wurden auch die neuen Hebesätze angenommen. Kämmerer Hetzel kündigte an, dass der Haushaltsplan fürs Jahr 2024 frühzeitig auf den Weg gebracht werde.

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