Bei der Kommunalwahl am 16. März bewirbt sich Markus Zirkel (SPD) für eine zweite Amtsperiode als Bürgermeister der Stadt Hallstadt. Im Gespräch mit Nachrichten am Ort spricht er über die Entwicklung der Innenstadt und das Leuchtturmprojekt Marktscheune, über die bewusste Aufstockung der Rücklagen in den vergangenen Jahren und auch über die Themen Transparenz und Bürgerbeteiligung.
Nachrichten am Ort: Herr Zirkel, seit 2008 sind Sie Bürgermeister der Stadt Hallstadt. Was hat Sie bewogen, sich 2014 zur Wiederwahl zu stellen?
Markus Zirkel: Es gibt in jedem Menschen etwas, das ihn antreibt. Mein wichtigster Beweggrund ist, mich auch in den kommenden sechs Jahren um das Wohl der Allgemeinheit zu kümmern und die Anliegen, Sorgen und Nöte der Bürgerschaft ernst zu nehmen und diese in entsprechende Maßnahmen zu überführen. Das ist für mich Ansporn und Verpflichtung zugleich. Es ist großartig, sich für die Bürgerschaft einsetzen zu können und Ideen, die gemeinschaftlich entwickelt wurden, voranzubringen und umzusetzen. Die Stadt Hallstadt muss – zusammen mit allen politischen Kräften – leistungsfähig in die Zukunft geführt werden.
Auf welche aktuellen Themen werden Sie in Hallstadt zurzeit am meisten angesprochen und können Sie daraus entnehmen, wo den Bürgern „der Schuh drückt“?
Aufgrund meiner Arbeit in den Vereinen und auch der Gratulationstätigkeit, bei der ich in die Familien komme, erfahre ich viel – generationsübergreifend, wenn man mit allen am Tisch sitzt: Enkel, Vater, Mutter und die Großeltern erzählen. Rückblickend dominierte das Thema Nahversorgung. Nicht nur, um eine funktionierende Lebensmittelversorgung zu gewährleisten, sondern auch als sozialer Treffpunkt, der verloren gegangen ist. Die junge Generation wünscht sich vor allem eine Sporthalle. Eine Grundsatzentscheidung dazu müssen wir nun treffen, die Mittel für Grunderwerb und Planung haben wir bereits in den Haushalt eingestellt. Darüber hinaus sind Verkehr und Verkehrsberuhigung in der Kernstadt Thema, einhergehend mit dem Verkehrsfluss im Gewerbegebiet. Im Ortsteil Dörfleins wird ebenfalls der Durchgangsverkehr thematisiert. Dort gibt es aber schwerlich Möglichkeiten, den Verkehr der Staatsstraße draußen zu halten. Da unterscheidet sich Hallstadt deutlich mit dem Bereich Lichtenfelser Straße und Marktplatz. Wir haben eine leistungsfähige Umfahrung mit der Verlängerung des Berliner Rings, und die muss einfach besser genutzt werden. Wir wollen den Verkehr nicht aussperren, er muss aber reduziert durch die Stadt fließen. Wer seine Einkäufe in der Stadt erledigen will, ist natürlich herzlich willkommen.
Wo sehen Sie die Herausforderungen für die Stadt in den kommenden Jahren?
Die Herausforderung schlechthin ist die Stadtentwicklung. Wir haben uns in den vergangenen sechs Jahren unter großer und fachlich versierter Bürgerbeteiligung ein Stadtentwicklungskonzept gegeben, das im Oktober 2010 einstimmig im Stadtrat beschlossen wurde. Diese Maßnahmen, die auch Zukunftssicherung und Konsolidierung beinhalten, wollen wir nach vorne bringen. Ganz wichtig sind drei Bereiche: Infrastruktur, Wirtschaftsstruktur und Sozialstruktur.
In der letzten Stadtratssitzung des Jahres 2013 kritisierte Ihr Gegenkandidat Thomas Söder (CSU) eine Rücklagenentnahme von zehn Millionen Euro im Haushaltsplan 2014. Aktuell steht Hallstadt finanziell sehr gut da und gehört zu den „reichsten“ Kommunen im Landkreis. Kann und wird das so bleiben?
Wie definiert man „reich“? Was ist angesichts der Rahmenbedingungen zu tun? Wenn man finanzwirtschaftlich denkt – unabhängig, wie hoch der Betrag ist: Gehen Sie auf die Bank und fragen Sie nach dem Zinssatz, er wird sich zwischen 0,35 und 0,65 Prozent bewegen. Die Mittel, die wir in den Rücklagen haben, sind uns von den Bürgern, Geschäftsleuten und Unternehmen gegeben. Wenn wir den Anspruch haben, unser Stadtentwicklungskonzept umzusetzen, müssen wir dafür auch für die einzelnen Maßnahmen in die Hand nehmen.
Wir haben sechs Jahre lang nur das ausgegeben, was für Infrastruktur und zur Unterstützung von Wirtschaftsansiedlungen notwendig war. Die Rücklagen wurden bewusst aufgestockt, um das Leuchtturmprojekt Marktscheune und Folgemaßnahmen realisieren zu können. Natürlich sind zehn Millionen Euro ein immenser Betrag, aber wir müssen den Bürgerinnen und Bürgern auch etwas zurückgeben, indem wir ihnen Nahversorgung bieten, eine Kultureinrichtung, Parkplätze. Davon erhoffen wir uns auch eine Anschub-Finanzierung, das heißt: Wir setzen ein Leuchtturmprojekt, das auch vom Freistaat Bayern und vom Bund gefördert wird. Die Städtebauförderung ist eine bereits 40‐jährige Erfolgsgeschichte. Jeder Euro, der von der öffentlichen Hand investiert wurde, wurde durch weitere acht Euro aus Privatmitteln, sprich von Bürgern und Anwohnern, erhöht, zum Beispiel für Verschönerungsmaßnahmen. Man sieht bereits in unserer Innenstadt, dass diese Anschub-Finanzierung allein durch die Ankündigung weitere Gelder aktiviert hat – es wird neu gebaut, umgebaut, saniert. Dieser Trend wird sich positiv auf die gesamtstädtische Wirtschaft auswirken.
Wo liegen Ihrer Meinung nach die Stärken und Schwächen von Hallstadt?
Die Stärken liegen in Hallstadt ganz klar im ehrenamtlichen Engagement. Wir haben mehr als 40 Vereine, die in den unterschiedlichsten Bereichen tätig sind. Unser Gewerbe ist intakt, auch wenn wir Nachbesserungsbedarf in der Innenstadt haben. Aber in Richtung Laubanger und Hallstadt-Ost ist Gewerbe in einer einzigartigen Art vorhanden. Der Laubanger ist – zusammen mit Bamberg – das größte zusammenhängende Gewerbegebiet in ganz Süddeutschland. Unsere Unternehmen sind fast ausnahmslos Weltmarktführer in bestimmten Sparten. Bei uns gibt es 6.000 Arbeitsplätze, das ist eine unglaubliche Stärke. Ebenso unsere Nähe zu Bamberg, weil wir im Bereich des öffentlichen Personennahverkehrs direkt mit den Stadtwerken agieren können. Der Bereich Lärm ist auf der anderen Seite eine Herausforderung, sei es von der Ortsdurchfahrt, den beiden Ästen der Autobahnen und der Bahn aus betrachtet – hier haben wir sogar zwei schienengebundene Wege: die ICE‐Strecke und die Verbindung nach Würzburg. Natürlich ist die Infrastruktur auch eine Stärke, aber der Beeinträchtigungen durch Lärm, 24 Stunden am Tag, müssen wir begegnen. Außerdem müssen wir unsere Naturräume stärken, Hallstadt soll an den Rändern, aber auch im Kern, grüner werden. Wir brauchen attraktive Freiflächen, damit unsere Einwohner in die Natur gehen und sich dort wohlfühlen können.
Ein beherrschendes Thema gab es in den vergangenen Jahren: die Bahn. Sind Sie zufrieden mit dem Erreichten? Und was kommt noch auf die Bürger zu?
Die Bahnverbindungen im Nahverkehr werden über die Bayerische Eisenbahngesellschaft bestellt und bezahlt. Dabei zählen nur die Ein‐ und Ausstiegszahlen, und wir haben keinen direkten Einfluss. Den ICE brauchen wir zwar als Wirtschaftsfaktor, damit verbunden sind aber viele Beeinträchtigungen während der Bauphase. Als Stadt werden wir weiter mit dem Landkreis und den politischen Fürsprechern in den Parlamenten in Kontakt bleiben, um auch den schienengebundenen ÖPNV zu stärken und noch bessere Verbindungen zu bekommen. Dabei gilt es, die Barrierefreiheit nicht außer Acht zu lassen und diese weiterhin konsequent einzufordern. Der Ansatz der Bahn, sich auf die Gesetzesgrundlage zurückzuziehen, wonach ein barrierefreier Bahnhof alle 30 Kilometer ausreicht, ist nicht mehr zeitgemäß. Alle brauchen das – die ältere Generation, Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen, aber auch junge Menschen mit Kinderwagen und Fahrrädern.
Auf drei Bevölkerungsgruppen richtet sich zurzeit verstärkt der Blick: Kinder, Familien und Senioren. Wie sehen Sie Hallstadt in diesen Bereichen aufgestellt? Was gibt es noch zu tun und welche Ideen bringen Sie hier mit?
Natürlich gibt es unterschiedliche Anforderungen. Den Ausbau der Kinderbetreuung im Alter von 0 bis 3 haben wir stark zusammen mit der katholischen Kirche vorangetrieben. Als neuer Partner kommt die Arbeiterwohlfahrt ins Spiel, hier wird ein Kinderhaus mit 55 Plätzen eingerichtet. Mitten in der Innenstadt, direkt an der Entwicklungsachse der neuen Mitte – ein Angebot mit neuen Öffnungszeiten, bei denen man auch an die Berufstätigen denkt, die in Schicht arbeiten und Regel-Öffnungszeiten von 7 bis 16 Uhr nicht nutzen können. Für die Schülerinnen und Schüler bauen wir eine Mensa. Wir haben starken Wert darauf gelegt, unsere Spielplätze zu sanieren, zwar noch nicht in der breiten Masse, aber wenn, dann qualitativ hochwertig und mit pädagogischem Konzept. Thema Wohnen: Wir sind hier mit der Josephs‐Stiftung in dem Projekt „Innerstädtisches Wohnen“, um für besondere Lebensbedingungen – älter werdend, alleinerziehend und sozial schwach – neuen Wohnraum anzubieten. Schon vor meiner Amtszeit wurde massiv in mobile Pflegedienste und ein Seniorenheim investiert. Alle wichtigen Einrichtungen sind in Hallstadt im Ortskern vorhanden, nicht wie in anderen Gemeinden am Rand. Unsere Seniorenbeauftragte aus dem Stadtrat, Anneliese Stöcklein, bringt sich stark ein und auch mit Sina Wicht, der Generationenbeauftragten des Landkreises, sind wir im Austausch und wollen dabei das Thema „Mehrgenerationen“ neu denken.
Stichwort Nahversorgung: Momentan beherrscht eine Baustelle das Stadtzentrum, eine Marktscheune entsteht. Was bedeutet sie für die Zukunft der Stadtentwicklung? Was sagen Sie zur Kritik, der geplante Supermarkt mit einer Verkaufsfläche von 800 Quadratmetern und der Veranstaltungssaal im Oberschoss seien zu klein?
Die Marktscheune ist das Leuchtturmprojekt der Stadtentwicklung. So bezeichnete sie auch die Regierungsvizepräsidentin Petra Platzgummer‐Martin bei der Grundsteinlegung. Ich greife das gerne auf und empfinde es genauso. Es ist notwendig, dass eine Stadt wie Hallstadt mit knapp 9.000 Einwohnern einen zentralen Punkt für das soziale Leben hat, wo man sich trifft – während des Einkaufens. Daher ist der Standort ideal. Wir haben das Dienstleistungszentrum drum herum mit Apotheke, Bank, dem entstehenden Kinderhaus und Metzgerei. Die Marktscheune selbst bietet ein Vollsortimenter in der Nahversorgung mit allen Dingen des täglichen Bedarfs. Von daher wird die Frequenz hoch sein, und Leben wird in unsere Innenstadt zurückkehren. Der Lebensmittelmarkt selbst ist in der Größenordnung wie bis vor kurzem alle Stadtrandmärkte auch, 800 Quadratmeter waren die Standardgröße, das wurde erst 2013 geändert. In einer Innenstadt muss man behutsam sein mit der Bausubstanz und Eingriffen ins Umfeld. Daher steht die Marktscheune bewusst in der zweiten Reihe. Unser Kaufmann Werner Massak und auch viele Expansionsleiter der großen Supermarktketten empfinden die 800 Quadratmeter als passend für eine Innenstadt. In Großstädten wie Nürnberg und München finden Sie Supermärkte für die Quartiersversorgung mit Größen zwischen 600 und 800 Quadratmeter – ein Stadtteil dort umfasst auch 8.000 bis 9.000 Menschen. Der Saal für die kulturelle Nutzung ist aus meiner Sicht ideal für Hallstadt. Wir haben dazu in die Nachbargemeinden geschaut, wie groß dort Veranstaltungsräume sind und bieten rund 350 Plätze im Rahmen einer Konferenzbestuhlung an. Für kleinere Veranstaltungen ist der Raum auch teilbar.
Transparenz, Bürgernähe und Kommunikation scheinen den Wählern besonders wichtig zu sein (noch vor Sachkompetenz). Wie nah sind Sie (in sozialen Netzwerken im Internet, aber auch fernab davon) am Bürger, wo sind Ihrer Meinung nach die Grenzen? Was kann der Bürger tun, um sich einzubringen?
Das Thema Transparenz und Bürgerbeteiligung ist mir persönlich sehr wichtig, bereits im letzten Wahlkampf war das so. Ich habe damals „alle eingeladen, mitzuwirken“. Nach der Wahl vertiefte ich mich ins Thema Städtebau und das Programm „aktive Zentren“. Hier ist die Bürgerbeteiligung vorgesehen, die ich als richtig ansehe: Es gab Informationsveranstaltungen, Arbeitskreise, die Rückspiegelung über Bürgerforen, immer wieder wurden alle eingeladen, sich zu informieren oder sich auch aktiv einzubringen. Das war der Schlüssel dazu, eine Akzeptanz zu schaffen für das, was die Verwaltung mit ihrem Planer-Stab anstieß. Wenn der Bürger etwas bewegen möchte, muss auch er sich bewegen – durch Schreiben oder den Besuch einer Veranstaltung. Dazu lade ich immer wieder gerne ein. Ich fühle ich mich als Bürgermeister nahe an den Bürgern und bin selbst in vielen Vereinen aktives Mitglied. Die persönliche Nähe und das Gespräch sind mir wichtig, weil ich dort Stimmungen und Gefühle eher mitnehmen kann als bei abstrakten Kontakte per E‐Mail oder einer Facebook‐Nachricht. Soziale Netzwerke und E‐Mails sind natürlich für den geschäftlichen Alltag wichtig, der persönliche Kontakt darf aber nicht dahinter zurück stehen.
Ganz konkret: Warum sollten die Bürger Ihnen ihre Stimme geben?
Hallstadt tut gut. Hallstadt geht es gut. So wird es bleiben.
Eine persönliche Frage noch zum Schluss: Was gefällt Ihnen an Hallstadt besonders? Haben Sie einen Lieblingsplatz?
Für mich ist in Hallstadt der Tempel am Kreuzberg ein ganz besonderer Kraft-Ort. Es begann, als ich als Kind vom Vater mit dorthin genommen wurde, später dann über den St.‐Kilian‐Verein, bei dem ich seit 1998 Vorsitzender bin. Ich gehe gerne die Kreuzwegstationen. Dabei ist nicht entscheidend, den Kreuzweg zu beten, man kann sich auch hinsetzen oder einfach oben an den Tempel stellen, zum Kreuz schauen. Der Ort hat etwas, das einen innerlich Ruhe und Kraft gibt.
Markus Zirkel, 44 Jahre, ist gebürtiger Hallstadter. Vor seiner Wahl zum Bürgermeister der Stadt Hallstadt 2008 arbeitete er als Chemietechniker und Technischer Betriebswirt bei der Firma Schaeffler in Hirschaid. Er ist seit 21 Jahren glücklich verheiratet und hat zwei Kinder im Alter von 18 und 15 Jahren. Mit seiner ebenfalls berufstätigen Ehefrau Josefine teilt er die Liebe zur Musik (sie Klarinette, er Tenorhorn), beide spielen aktiv beim TVH-Musik- und Spielmannszug. Seit seinem 14. Lebensjahr ist er aktives Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr Hallstadt. Im katholischen Männerverein St. Kilian Hallstadt hat er seit 15 Jahren den Vorsitz. Ebenfalls gemeinsam mit seiner Frau organisiert Zirkel seit acht Jahren die Wallfahrt nach Gößweinstein. 2012 wurde er zum Diözesanratsvorsitzenden der katholischen Männergemeinschaften in der Erzdiözese Bamberg gewählt. Das regelmäßige Joggen dient ihm als sportlicher Ausgleich zur Arbeit. Gerne ist er auch in den Alpen als Bergsteiger oder Skifahrer unterwegs.