Warum ein Europa der Nationalstaaten nicht funktionieren kann

Im Mittelpunkt des Politischen Aschermittwochs in Rattelsdorf stand in diesem Jahr Europa. „Natürlich gibt es viel Negatives in der EU. Wir müssen daher auch weiterhin Missstände anmahnen – sind aber nicht allein auf der Welt und werden die Zukunft daher nur zusammen mit unseren Nachbarn meistern“, so Ortsvorsitzender Hans-Jürgen Scheerbaum. Ehrengast des Abends war die Bundestagsabgeordnete Emmi Zeulner.

Ja, es mag schon abgedroschen klingen. Aber die Europäische Union ist ein Friedensprojekt. Noch nie gab es eine so lange Phase ohne Kriege. Und gerade ein Land wie Deutschland, das vom Export lebt, ist auf gute Beziehungen zu seinen Nachbarn angewiesen. Dennoch, so Scheerbaum, dürfe man auch Kritik an der EU üben. Sein Beispiel: Die ewige Pendelei der Abgeordneten zwischen den beiden Parlamentssitzen Straßburg und Brüssel, die Millionen verschlinge und bei den Mitgliedern des Parlaments verständlicherweise wenig beliebt sei. Dennoch: „Die anstehenden Herausforderungen werden wir nur gemeinsam mit unseren Nachbarn meistern“, meinte Scheerbaum. Er sprach konkret den Umweltschutz, die Migration, den Arbeitsmarkt und die Verkehrspolitik an. „Ein Europa der Nationalstaaten wird zwangsläufig zu Verwerfungen führen. Unsere Position ist es daher, seine eigene Identität zu behalten, aber mit den Nachbarn zusammenzuarbeiten. Denn wir sind nicht allein auf dieser Welt.“

Nach seiner Einführung begrüßte Scheerbaum die Bundestagsabgeordnete Emmi Zeulner, die an diesem Abend Einblicke in ihre Arbeit und ihre Ziele gewährte. Wichtig war ihr das Thema „Vertrauen“. Mit Bezug auf die zurückliegenden Landtagswahlen erläuterte sie, warum es (nicht nur für die CSU) wichtig sein wird, solches zurückzugewinnen. „Draufhauen bringt nichts. Und wir dürfen auch die Wähler nicht verdammen, die ihr Kreuz bei anderen Parteien gemacht haben. Denn wir haben nicht nur Wähler, sondern Menschen verloren.“


Emmi Zeulner (rechts) beim Politischen Aschermittwoch in Rattelsdorf. Rund 40 Besucher waren gekommen und diskutierten abschließend mit der Bundestagsabgeordneten.

Und woher kommt der Vertrauensverlust? Vielleicht, weil die politischen Prozesse oft einfach zu lange dauern. Das wurde auch in der Diskussion später deutlich. Warum schafft es die Politik nicht, hinter gewisse Punkte einfach mal einen Haken zu machen, sie also endgültig abzuschließen? Warum werden gute Ideen politischer Gegner nicht unterstützt? Und warum sind oft die Verantwortlichkeiten nicht klar, wie gerade beim Thema „Gorch Fock“, wo niemand wirklich weiß, wer nun an der Misere schuld ist?

Zeulner nannte ein Beispiel für diesen Vertrauensverlust. Im Jahr 2004 wurden auf Betriebsrenten Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge eingeführt. „Der Staat sendet hier ein falsches Signal. Denn die Leute haben in ihrem Leben vielleicht auf Konsum verzichtet und sind weniger in Urlaub gefahren, um fürs Alter vorzusorgen“, so Zeulner. Es könne nicht sein, dass im Nachhinein Beiträge fällig würden – diese Doppelbesteuerung von Einkommen lasse sich nicht vermitteln. Gerade jungen Menschen werde so die Alterssicherung auch nicht schmackhaft gemacht.

Die Themen Rente und Pflege waren Zeulner auch in Rattelsdorf sehr wichtig. Die Idee einer Grundrente unterstütze sie, allerdings gelte es, im Detail noch weiterzuarbeiten. Und bei der Pflege plädierte sie für die Einführung von fixen Eigenanteilen. Bisher zahlt der Staat im Rahmen der Pflegestufen eine Unterstützung, fehlt Geld, müssen Patient oder die Familie aufzahlen. Es sollte aber genau umgekehrt sein, so Zeulner. Niemand dürfe durch Pflege zum Sozialfall werden.

Und um noch einmal auf Europa zurückzukommen: „Wir befinden uns in historischen Zeiten. Ich möchte nicht, dass in der EU die Nationalisten die Verantwortung übernehmen. Daher ist die baldige Europawahl entscheidend – es könnte knapp werden und auf jede Stimme ankommen.“

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