„Auch die Bürgerinnen und Bürger müssen mit ins Boot, sonst sind das nur schöne Konzepte!“

Im Titelbild: Exkursion nach der Veranstaltung nach Oberleiterbach. Foto: Michael Senger

Am 13. Juni 2024 fand im Rathaus Zapfendorf der Gewässernachbarschaftstag im Landkreis Bamberg statt. Vertreter der Kommunen aus der Region, darunter auch Bürgermeister Michel Senger, sowie Experten aus dem Wasserwirtschaftsamt Kronach und vom Ingenieurbüro Gaul diskutierten intensiv über die zunehmenden Herausforderungen durch Starkregen und Sturzfluten.

Michael Richter vom Wasserwirtschaftsamt Kronach eröffnete die Veranstaltung mit einer Begrüßung und stellte das Hauptthema vor: Starkregen und Sturzfluten an kleinen Bächen. Er betonte die Bedeutung von regelmäßigen Teilnahmen an solchen Veranstaltungen, da dies die Chancen auf Fördergelder erhöhe. Ab dem nächsten Jahr werden die Gewässernachbarschaften vom Wasserwirtschaftsamt (WWA) und nicht mehr vom Landesamt für Umwelt (LfU) betreut.

In einem Vortrag verdeutlichte Matthias Trost vom Wasserwirtschaftsamt, dass die Gefahr bei Starkregen nicht mehr nur von den Gewässern selbst, sondern von den überfluteten Bereichen ausgeht. Die Kommunen müssen sich daher fragen, wie sie auf Überflutungen durch kleine Gewässer vorbereitet sind. Trost wies auf den Klimawandel hin: Von den zehn wärmsten Jahren seit 1881 seien sechs zwischen 2011 und 2019 in Bayern verzeichnet worden, was zu einer Zunahme von Naturereignissen führe – warme Winter, aber auch Starkregen gehörten dazu. Er unterstrich, dass Hochwasser ein natürlicher Prozess sei, der durch menschliche Eingriffe wie die Begradigung von Gewässern verschärft wird.

Vorhersage kaum möglich

Immer wieder ist in diesem Zusammenhang vom Begriff „100-jähriges Hochwasser“ zu hören. Die Wahrscheinlichkeit, ein solches zu erleben, liege aber im Leben eines Menschen bei 55 Prozent, so Trost. Technische Hochwasserschutzmaßnahmen wie Rückhaltebecken, Dämme und Flutmulden böten guten, aber keinen unendlichen Schutz. Starkregen konzentriere sich besonders auf die Sommermonaten, oft begleitet von Hagel, was zur Zusetzung von Schächten und Ablaufrinnen führe. Die Vorhersage solcher Ereignisse sei praktisch nur kurz vor dem Auftreten möglich.

Geschützt werden müssten vor allem kritische Infrastrukturen, von der Stromversorgung über die Feuerwehrhäuser bis hin zu Einrichtungen wie Krankenhäuser und Seniorenheime.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Sitzungssaal des Rathauses Zapfendorf.

Martin Löffler vom Ingenieurbüro Gaul führte in das Sturzflutrisikomanagement ein. Ausgangspunkt ist dabei eine Bestandsanalyse, gefolgt von der Gefahrenermittlung mittels 3D-Geländemodellen und Starkregenindex. Löffler betonte, dass Grundstückseigentümer und auch die Bürgerinnen und Bürger in die Planung einbezogen werden müssen, um effektive und realisierbare Konzepte zu entwickeln. „Auch die Bürgerinnen und Bürger müssen mit ins Boot, sonst sind das nur schöne Konzepte!“ Bürgermeister Michel Senger berichtete, dass die Gemeinde Zapfendorf bereits ein Konzept zum Umgang mit Starkregen und Sturzfluten entwickelt habe. Auch beispielsweise in Baunach und Lauter wurde ein solches Sturzflutrisikomanagement bereits durchgeführt.

Eigenvorsorge wichtig

Zum Abschluss verwies Löffler auf die Wichtigkeit der Eigenvorsorge und der natürliche Abflusswege, da die Kosten für den Ausbau von Kanälen und Regenabläufen auf die Dimensionierung von 50- oder 100-jährigen Regenereignissen zu hoch und sowohl für die Kommunen, aber auch für die Anwohnerinnen und Anwohner untragbar wären.

Der Gewässer-Nachbarschaftstag 2024 in Zapfendorf zeigte, dass die Bewältigung von Starkregenereignissen eine gemeinschaftliche Anstrengung von Kommunen, Expertinnen und Experten sowie den Bürgerinnen und Bürgern erfordert. Nur durch eine Kombination von technischen Lösungen, Eigenvorsorge und insbesondere natürlichem Wasserrückhalt können die Herausforderungen bewältigt werden.

Zum Abschluss der Veranstaltung stand noch eine Exkursion nach Oberleiterbach an, wo sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer die dort bereits vollzogenen Maßnahmen in Sachen Schutz vor Hochwasser und Starkregenereignissen anschauten.

Weiterführende Informationen

Im Umweltatlas Bayern stehen zahlreiche Karten auch der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, um sich über Hochwasserrisiken zu informieren. So lassen sich zum Beispiel die Fließwege des Wassers analysieren, um auch Risiken für das eigene Grundstück einschätzen zu können.

So sieht beispielsweise eine Karte für den Bereich Rattelsdorf – Ebing – Zapfendorf aus, die den Wasserabfluss im Falle von Starkregenereignissen zeigt.
© Bayerisches Landesamt für Umwelt, www.lfu.bayern.de

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