Die verkehrsgünstige Lage ist für Breitengüßbach ein Pfund, mit dem die Gemeinde wuchern kann, zugleich aber auch Fluch für viele Anwohner, die besonders im Ortskern unter dem Verkehr leiden. Was könnte die Gemeinde dagegen tun? Eine neue Verkehrsprognose soll bei der Entscheidung helfen. Daneben war die Nachmittagsbetreuung von Schulkindern Thema im Gemeinderat.
„Breitengüßbach ist wie kaum eine andere Gemeinde im Landkreis gut an das überörtliche Straßennetz angebunden, was aber auch seine Schattenseiten hat“, sagte Bürgermeisterin Sigrid Reinfelder gleich zu Beginn des Tagesordnungspunktes „Vorstellung einer möglichen Verkehrsuntersuchung/Prognose für die Gemeinde Breitengüßbach“ im Gemeinderat am 5. April 2016. Eingeladen war Prof. Dr. Harald Kurzak, ein Verkehrsgutachter aus München, der sich bereits für die Verkehrsprognosen der Autobahnen A71 und A73 verantwortlich zeigte und aus diesem Grund die Region gut kennt. Er könnte, gefördert durch die Regierung von Oberfranken, eine neue Verkehrsprognose erstellen, die dann dem Gemeinderat als Grundlage für weitere Entscheidungen dienen würde.
Dass es in den vergangenen Jahren einen deutlichen Zuwachs beim Verkehrs auf der Autobahn gegeben hat, ist aber jetzt schon klar. Und auch das Ortszentrum von Breitengüßbach ist, nicht nur durch Autofahrer, sondern durch Schwerlastverkehr stark belastet. Vorbehaltlich der Prognosen zeigte Kurzak den Gemeinderäten daher auf, was er für möglich halte. Darunter war auch ein kleiner Kreisverkehr als Ersatz für die Ampel an der Kreuzung Bamberger / Lichtenfelser / Baunacher / Zückshuter Straße. Dieser wäre leistungsfähig genug, um den Verkehr auch ohne weitere Maßnahmen aufzunehmen. Und zwei weitere Fragen stellte Kurzak in den Raum: Macht eine Ostumgehung überhaupt Sinn? Was würde eine Fortführung des Westrings bringen?
Kurzak findet die Ostumgehung keine gute Idee
Solche Fragen soll eine genaue Verkehrszählung mit Befragung der Autofahrer bringen. Sie wäre auch während der ICE-Baustelle möglich, so Kurzak. Eine Absage erteilte er einer abknickenden Vorfahrt vor dem bestehenden Kreisverkehr, um so den Verkehr auf die Autobahn zu leiten. Sie wäre nicht genehmigungsfähig, da die Gefahr bestünde, dass Fahrzeuge, die gar nicht die Autobahn befahren dürften, dennoch aufgeleitet würden. Außerdem könne man niemanden zwingen, die Autobahn zu benutzen. „Wir müssen den Istzustand gut erfassen und dürfen keine geschönten Ziele setzen“, so Kurzak, der sich selbst als Pragmatiker bezeichnete. Getreu dieses Mottos sprach er auch über eine mögliche Ostumgehung. Sollte diese um das Neubaugebiet herumgeführt und nach dem Ortsende Richtung Zückshut auf die bestehende Kreisstraße münden, mache sie aufgrund des geringen Verkehrs nach Zückshut wenig Sinn. Und um die Einwohner des Breitengüßbacher Ostens mit einer Umgehung zu bedienen, müsse sie ins Wohngebiet münden, was hier mehr Verkehr bringen würde.
Einstimmig fand der Beschlussvorschlag Zustimmung, die Gemeindeverwaltung zu beauftragen, drei Angebote für solche Verkehrsprognosen zur Vergabe vorzulegen. Eine ähnliche Prognose mit genauen Befragungen der Autofahrer, die sowohl Herkunft als auch Ziel der Fahrt dokumentiert, wurde kürzlich auch in Hallstadt durchgeführt und dient als Richtschnur für das weitere Vorgehen zur Sanierung der Ortsdurchfahrt.
Kombimodell mit Randzeitenbetreuung?
Ein weiterer großer Tagesordnungspunkt in der Sitzung vom 5. April 2016 war die Schulkinderbetreuung. Eingeladen waren dazu Vertreter des Vereins „Innovative Sozialarbeit“ (iSo) sowie der Arbeiterwohlfahrt Bamberg (AWO). Beide Träger präsentierten Konzepte, die sich schon im kommenden Schuljahr verwirklichen ließen. Bürgermeisterin Reinfelder verwies auf einen Beschluss aus einer der letzten Sitzungen, sich als Gemeinde für das so genannte Kombimodell zu bewerben, die Auswahl erfolgt durch das bayerische Kultusministerium bis Ende April. Der Vorteil des Kombimodells, das sich noch in der Erprobung befindet, sind die Randzeitenbetreuungen, auch nach 16 Uhr, an Freitagnachmittagen und in den Ferien. Bei einer Umfrage wurden 70 Kinder der 1. bis 4. Klasse mit Bedarf festgestellt, die Randzeitenbetreuung wäre ebenfalls notwendig.
Michael Gerstner vom iSo e.V. stellte zunächst die Mittagsbetreuung durch seinen Verein vor. Er schlug kein konkretes Modell vor, denkbar wären, neben dem Kombimodell, auch eine klassische Nachmittagsbetreuung oder das Modell „Hort“. Er betonte, dass die Zusammenarbeit mit iSo bei der Schulkinderbetreuung Kontinuität bringe, denn der Verein hat gerade vor wenigen Wochen begonnen, die Jugendarbeit in der Breitengüßbach zu unterstützen. Anschließend durften drei Mitarbeiterinnen der AWO vorsprechen, auf das von der Gemeinde favorisierte Kombimodel gingen sie allerdings nicht ein – eine klassische Themaverfehlung. Denn die AWO kann und möchte das Kombimodell, das von der Gemeinde favorisiert wird, erst gar nicht anbieten. Die Referentinnen sprachen von Schwächen des Kombimodells und fehlender Planungssicherheit, da es sich nur um ein Modellprojekt handle. Vielmehr favorisierten sie einen Kinderhort und hatten darauf ihren Vortrag aufgebaut. In Stadt und Landkreis Bamberg betreibt die AWO bereits zahlreiche solcher Kinderhorte.
Die Entscheidung für einen der Träger fiel noch nicht, der Gemeinderatsbeschluss wird erfolgen, sobald klar ist, ob Breitengüßbach für das Kombimodell in Frage kommt.