Mehr Photovoltaik und drei Rücktritte

Hohe Energiekosten, große Dächer vorhanden. Schulturnhalle und Feuerwehr sollen Photovoltaikanlagen erhalten. Aber auch ein anderes Thema bestimmte die Gemeinderatssitzung in Kemmern.

Die Schulturnhalle in Kemmern wird dieses Jahr umfassend saniert. In Kürze soll es losgehen. Bisher war angedacht, das Dach der Halle für eine Photovoltaikanlage lediglich vorzubereiten. Nun wird das Projekt PV-Anlage vorgezogen. „Die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien wird immer wichtiger“, so Bürgermeister Rüdiger Gerst in der Gemeinderatssitzung vom 19. Januar 2023. Bei der Schule, und auch beim Feuerwehrhaus, komme eine Eigenversorgung in Frage, so dass große Teile des Stroms auch direkt verbraucht würden. „Wir sparen zudem Geld, wenn wir die Anlage auf der Turnhalle jetzt mit einbauen, wenn ohnehin ins Dach eingegriffen werden muss.“ Durch die hohen Strompreise sei ein weiterer Anlass gegeben, schneller zu handeln.

Stefan Fiedler vom Planungsbüro Pabst hatte die Details dabei. Auf der Schulturnhalle könnte eine Anlage mit einer Leistung von 30 kWp installiert werden. Der Stromverbrauch der Schule liege bei 30.000 kW pro Jahr, 40 Prozent Eigenverbrauch des erzeugten Stroms wären denkbar – da auch Ferienzeiten berücksichtigt werden müssten. Pro Jahr könnten so nach aktuellen Preisen um die 5.000 Euro bei der Stromrechnung gespart werden, rund 6.000 Euro bringe der Stromverkauf. Bei einer Investition von ca. 60.000 Euro amortisiert sich das Projekt recht schnell. Fiedler erklärte auch, dass für die Überbrückung ein Stromspeicher installiert werden sollte. Gemeinderat Dr. Oliver Dorsch (Grüne) meinte, der Speicher müsse ausreichend dimensioniert sein, die von Fiedler erwähnten 10 kW halte er für zu gering. Theoretisch, so Fiedler, wäre auf dem Dach eine noch größere Anlage denkbar. Bei mehr als 30 kWp wäre diese dann aber nicht mehr von der Umsatzsteuer befreit.

Die Turnhalle in Kemmern. Sie wird dieses Jahr umfassend saniert.

Beide Anlagen einstimmig auf den Weg gebracht

Beim Feuerwehrhaus sieht es ein wenig anders aus. Hier fallen rund 8.000 kW Stromverbrauch pro Jahr an – was Fiedler aber anzweifelte. Er gehe davon aus, dass die Wärmepumpe, die im Gebäude arbeitet, nicht korrekt eingestellt ist. Aussagen über den wirklichen Stromverbrauch, der höher liegen müsste, seien daher noch nicht zu treffen. Das Dach wäre hervorragend für PV geeignet.

Der Gemeinderat beschloss daher, dass das Dach der Schulturnhalle eine Photovoltaikanlage wie vorgestellt erhalten soll. Dafür sollen Haushaltsmittel für dieses Jahr bereitgestellt werden. Auf eine Speichergröße legte sich das Gremium nicht fest, im Rahmen der Ausschreibung sollen hier verschiedene Angebote eingeholt werden. In Sachen Feuerwehr waren sich alle einig, dass die Einmessung der Wärmepumpe abgewartet werden soll – aber auch, dass zeitnah ebenso eine Anlage verbaut werden soll. Auch hierfür soll im Haushalt 2023 Geld eingeplant werden.

Auch das Dach des Feuerwehrhauses wird zeitnah mit PV ausgestattet.

Stefan Fiedler stellte auch notwendige Arbeiten am Blitzschutz der Schule vor. Zunächst sind 7.500 Euro eingeplant, um Stahl-Erdungen, die über die Jahre korrodiert sind, auszutauschen. In anderen Bereichen, die aktuell nicht von den Bauarbeiten im Schulhof betroffen sind, werden auch Erdarbeiten nötig sein. Dafür muss die Gemeinde Angebote einholen. Für den neuen Blitzschutz kommen dann in diesen Bereichen ebenfalls Kosten von 7.500 Euro plus die Erdarbeiten zusammen.

ZfK aktuell nicht im Gemeinderat vertreten

Kemmern verliert in zwei Monaten drei Gemeinderäte und eine Gemeinderätin. Alle kommen von Zukunft für Kemmern. Über die Hintergründe ist nur in einem Fall aktuell etwas bekannt.

In der Dezembersitzung des Gemeinderats Kemmern hatte Jochen Gottwald von Zukunft für Kemmern (ZfK) ein Rücktrittsgesuch eingereicht. Gesundheitliche Gründe hatte er in einem Schreiben an die Gemeinde genannt. Wie Nachrichten am Ort erfuhr, hat sich Gottwald zudem als Vorsitzender von Zukunft für Kemmern ebenfalls zurückgezogen.

Bei einem frei werdenden Platz in einem Gemeinderat schreibt das Rathaus jeweils die Listennachfolgerin oder den Listennachfolger an. Also diejenige Person, die auf der Liste der Partei oder Wählergruppe die nächstmeisten Stimmen auf sich vereinen konnte. Bei der ZfK erklärte sich Carmen Schlichting-Förtsch zur Mandatsübernahme bereit. „Sie meldete am 28. Dezember an uns zurück, dass sie die Wahl annimmt und nachrückt“, erklärte Bürgermeister Rüdiger Gerst. Zwei Wochen später nahm Schlichting-Förtsch von dieser Erklärung aber wieder Abstand. Gerst zitierte aus ihrem Schreiben an die Gemeinde: „Leider muss ich mitteilen, dass ich nicht als Nachrücker zur Verfügung stehe.“ Nun wird die Gemeinde weitere Listennachfolger anschreiben.

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Tschüss – ohne Begründung

Soweit wäre der Vorgang noch wenig besonders. Auf der Tagesordnung der Sitzung standen aber drei weitere Rücktrittsgesuche – von der ZfK-Rätin Julia Schatkowski-Amtmann und den ZfK-Räten Jochen Förtsch und Helmut Wild. Alle entsprechenden Schreiben gingen bei der Gemeinde in der Kalenderwoche 2/2023 ein. „Begründungen für einen Rücktritt sind nicht mehr erforderlich, das zugrunde liegende Gesetz wurde geändert“, erläuterte Gerst. Und so bestanden die Schreiben der drei Personen nur aus der Info zum Rücktritt und aus dem Wunsch nach einer Bestätigung. Eine Nachfrage bei Schatkowski-Amtmann, Förtsch und Wild, auch zum Thema, wie sich Zukunft für Kemmern neu aufstellt, blieb unbeantwortet, eines der ehemaligen Gemeinderatsmitglieder äußerte per E-Mail, „wir werden die Öffentlichkeit zu gegebener Zeit und über geeignete Medien über die Gründe für unsere Entscheidung informieren“.

Auch hier gehen nun Briefe vom Rathaus an mögliche Listennachfolgerinnen und Listennachfolger. Insgesamt bestand die Wahlliste von Zukunft für Kemmern bei der Kommunalwahl 2020 aus 28 Personen. Somit sollten ausreichend Nachrückerinnen und Nachrücker zur Verfügung stehen. Das Thema wird somit in der nächsten Gemeinderatssitzung erneut auftauchen.

Hintergrund

Parteien und Wählergruppen stellen für die Kommunalwahlen Listen auf. Je nach Stimmenanteilen können mehrere auf der Liste aufgeführte Personen in den Gemeinde- oder Stadtrat einziehen. Tritt eines der Gremiumsmitglieder wieder zurück, schreibt die Kommune die Listennachfolger an. Findet sich kein Listennachfolger, der zur Mandatsübernahme bereit ist, bliebe der Sitz im Gemeinde- oder Stadtrat bis zur nächsten Kommunalwahl unbesetzt.

Update vom 26. Januar 2023:

Am 26. Januar veröffentlichte Zukunft für Kemmern auf seiner Webseite eine Erklärung. Sie können diese dort nachlesen, oder auch in unserem folgenden Infokasten.

Liebe Kemmerner Bürgerinnen und Bürger,

dank Ihrer Stimmen bei der Kommunalwahl 2020 zogen wir, Julia Schatkowski-Amtmann, Jochen Förtsch und Helmut Wild, als Mitglieder der Wählergruppe „Zukunft für Kemmern“ in den Gemeinderat der Gemeinde Kemmern ein.

Mit großem Engagement traten wir unser Ehrenamt an und brachten zahlreiche Anträge und Ideen, auch aus Ihren Reihen, in den Gemeinderat.

Dabei lag uns stets die Entwicklung der Gemeinde und das Wohl der Bürgerschaft am Herzen.

Doch sehr schnell mussten wir feststellen, dass Veränderungen oder Ideen aus unserem politischen Lager nicht erwünscht waren. Das Arbeitsklima in den Gemeinderatssitzungen wurde zunehmend rauer, der Umgangston unsachlicher und verletzender. Trotz vieler Versuche war es nicht möglich, im Gemeinderat eine gemeinsame Basis für eine konstruktiv-kritische Zusammenarbeit zum Wohle unserer Gemeinde aufzubauen:

So baten wir beispielsweise als Fraktion im August 2022 um einen Termin für ein moderiertes Gespräch mit dem 1. Bürgermeister Rüdiger Gerst und dem 2. Bürgermeister Volker Pflaum. Diese Anregung zur Verbesserung der Zusammenarbeit im Gemeinderat wurde Ende Oktober von Bürgermeister Gerst abgelehnt.

Nach weiteren für uns untragbaren Vorfällen beschlossen wir, nach reiflicher Überlegung, unsere Ämter als Mitglieder des Gemeinderates Kemmern niederzulegen. Auch wir bedauern sehr, dass unser Idealismus ausgebremst wurde, aber unter den genannten Umständen war es für uns nicht mehr möglich, unsere Arbeit im Gemeinderat fortzusetzen.

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, wir haben uns die Entscheidung für unseren Rücktritt sicher nicht leicht gemacht, da wir natürlich auch das Vertrauen, das Sie in uns gesetzt hatten, nicht enttäuschen wollten. Aber dieser Schritt war für uns in der Zusammenschau aller Fakten alternativlos.

Wir hoffen auf Ihr Verständnis für unsere Entscheidung.

Julia Schatkowski-Amtmann – Jochen Förtsch – Helmut Wild

Jahresrückblick 2022

Und noch ein Schwenk in Richtung Dezembersitzung. Darin blickte Bürgermeister Rüdiger Gerst auf das abgelaufene Jahr zurück. Er berichtete über den Baubeginn für den verbesserten Hochwasserschutz, der am 11. März erfolgt war. Die eigene Kläranlage konnte stillgelegt und das Pumpwerk Richtung Kläranlage Bamberg eröffnet werden. Durch die neue Autobahnbrücke der A73 verbessere sich auch für Kemmern der Lärmschutz.

Zum September nahm auch die neue Kindertagesstätte „Kuckucksnest“ ihren Betrieb auf. An der Schule begann die Neugestaltung des Pausenhofs, investiert wurde für die Schule unter Inanspruchnahme mehrerer Förderprogramme in die Digitalisierung. Für die Kinder und Jugendlichen gibt es zudem nun einen Soccer-Court und eine Tischtennisplatte am Sportgelände, die Neugestaltung der Spielplätze Holunderweg und Brückenstraße wurde auf den Weg gebracht. Gerst dankte den vielen Ehrenamtlichen für ihren Einsatz – ob beispielweise bei der Feuerwehr, in der Bücherei oder im kirchlichen Bereich oder in der Jugendarbeit.

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5 Kommentare

  1. Vielleicht sollte sich der Bürgermeister und die verbliebenen Gemeinderäte mal Gedanken machen, warum sich die ZfK Gemeinderäte zurückgezogen haben.
    Der Bürgermeister und der Gemeinderat sollten zum Wohl der Gemeinde und seiner Bevölkerung beitragen und nicht selbsherrlich parteipolitisch agieren, in dem Ideen und Vorschläge anderer Vertreter des Gemeinderates grundsätzlich abgeschmettert werden.
    Ich kenne so ein Verhalten von meinen früheren Gemeinden nicht.
    Hier stand im Gemeinderat das Wohl der Gemeinde an erster Stelle und es gab parteiübergreifende Beschlüsse zum Wohl der Gemeinden und seiner Bevölkerung.
    Hier sehe ich in Kemmern noch reichlich Luft nach oben.

  2. Ich stimme Herrn Schneider zu. Aber Gedanken deswegen macht sich da keiner. Die CSU hat erreicht was sie wollte und die anderen Ja-Sager im Gemeinderat haben nichts zu befürchten. Jedenfalls solange sie kein „Kontra“ geben. Dieses ärmliche und charakterlose Verhalten ist nur so zu erklären und bleibt vielleicht im Gedächtnis der Wähler in Kemmern. Bei der nächsten Bürgermeisterwahl findet sich dann vielleicht auch ein Gegenkandidat. Jemand der mit dem Gemeinderat für die Belange des Ortes und zum Wohle der Bürger arbeitet.

  3. Hallo Herr Dietz.
    Sie sind offensichtlich auch ein Mitbürger, dem Kemmern und seine Einwohner was bedeuten.
    Ich hoffe wir zwei bleiben nicht alleine und viele Kemmener erkennen, was bei der nächsten Wahl zu tun ist.

  4. Ich kann Herrn Dietz und Herrn Schneider nur zustimmen. Es ist schlimm, wenn Veränderung und Ideen aus anderen politischen Lagern nicht gewünscht sind. Wo soll so ein Verhalten unserer übriggebliebenen Gemeinderäte noch hinführen? Auf keinen Fall ist so ein Verhalten zukunftsorientiert. Ich finde es schade, dass Julia Schatkowski-Amtmann, Jochen Förtsch und Helmut Wild ihr Amt nieder gelegt haben.
    Sollte meine Vorstandskollegen in unserem Verein so ein Verhalten mir gegenüber an den Tag legen hätte ich garantiert nicht solange gewartet mein Amt nieder zulegen.
    Ich hoffe und wünsche mir, dass bei der nächsten Wahl die Kemmerner Bürger wissen was sie zu wählen haben.

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