Dass es kein einfacher Abend werde würde, das war Bürgermeister Bruno Kellner und Dieter Thormann von der DB-Projektbau spätestens klar, als auch der letzte Stehplatz im Sportheim Ebing besetzt war. Nach dreieinhalb Stunden wurde die Informationsveranstaltung zum ICE-Ausbau, bei der der Unmut der Bürger über die Planungen hörbar wurde, aufgelöst.
Am 30. Oktober läuft die Einspruchsfrist zum Planfeststellungsverfahren VDE 8.1 ab. Für manchen Ebinger schienen die Pläne der Bahn bei der gestrigen Vorstellung allerdings komplett neu zu sein, wie Bruno Kellner in seiner Begrüßung durchblicken ließ. Obwohl „der ICE-Ausbau vor allem in der Region ein starkes Medienecho erfährt“, wie Dieter Thormann leicht ironisch anmerkte, denn außerhalb des Landkreises würde darüber gar nicht berichtet.
Der „Großbau an Ebing vorbei“, wie Bruno Kellner das Projekt nannte, geht nach der Meinung der Ebinger nicht spurlos vorüber: aus ihrer Sicht enthalten die Pläne einiges an Verschlechterungspotenzial. Das Thema Baustraßen konnte wohl durch Einspruch der Bürger und der Marktgemeinderäte aus der Ortsmitte an den Rand, wenn nicht sogar in die Peripherie der Äcker gelegt werden. Ein entsprechender Vorschlag wird demnächst von der DB-Projektbau auf seine Machbarkeit geprüft. „Wir haben begonnen nachzudenken, Baustraßen doch nicht durch die Ortschaft zu führen“, war das Statement von Dieter Thormann. Mehrmals betonte er, dass es nicht Ziel sei, die Bürger mehr als nötig zu belasten, aber bei einem solch großen Projekt seien Dauerbelastung und Nachtarbeiten nicht zu vermeiden. Ziel der Informationsveranstaltung sei es auch immer, mit den Bürgern direkt in Kontakt zu treten, zu informieren und Betroffenheiten durch neue Lösungen zu minimieren.
Theorie und Praxis
Betroffenheiten gab es nicht nur beim Schallschutz. Erhitzte Zwischenrufe und sachlich gestellte Fragen an Hans Högg (Schallschutzexperte) zeigten die im Raum stehenden Befürchtungen. Eine Verdoppelung vor allem des Güterzugverkehrs könne nachts eine Güterzugfrequenz von zehn Zügen in der Stunde bringen. Die Spitzenwerte, die deutlich über den erlaubten Grenzwerten lägen und die Gesundheit beeinträchtigen können, nehmen so zu. Aus dem Publikum kam die Anmerkung: „Das sieht schon sehr hingerechnet aus, wenn Ihr gelber Balken direkt an der Wohnbebauung langgeht.“ Dabei steht der „gelbe Balken“ für den Wert, den ein Wohngebiet gerade noch haben darf. Gegenüber der Berechnungen der Projektgruppe herrschte zunehmende Skepsis, auch wenn Hans Högg mehrmals betonte, dass sich für Ebing trotz der Verdoppelung des Zugverkehrs von der Lärmbelastung quasi nichts ändern und schon gar nicht verschlechtern würde. Die Frage, was geschehe, wenn sich nach dem Ausbau zeigt, dass die Grenzwerte nicht eingehalten würden, blieb unbeantwortet.
Viel los im Ebinger Sportheim – und das schon vor Beginn der Veranstaltung…
Wer zahlt, schafft an
Sachzwänge, gesetzliche Richtlinien und Rahmenbedingungen, an die sich die Planer halten müssten, befriedigten die Ebinger nicht. Konkret ging es um die Kreisstraße, die nicht mehr die Bahn am bisherigen Ort kreuzen, sondern nach der Mainbrücke nach Zapfendorf führen wird und um den nicht barrierefreien Bahnsteigzugang. Auf mehrmalige Nachfrage stellte sich heraus, dass technisch und unter großen Umständen für die Bahn fast alles möglich wäre, auch ein barrierefreier Zugang der Nahverkehrsgleise. Dies wäre aber wirtschaftlich nicht darstellbar, die Bahn komme daher auch nicht dafür auf und so bleibt die Frage, wer die Mehrkosten finanziert. Streng nach dem Prinzip: Wer anschafft, zahlt – Sonderwünsche kosten extra. Was die neue Kreisstraße von Zapfendorf nach Ebing betrifft, befürchten die Ebinger ein vermehrtes Verkehrsaufkommen in ihrer Ortsdurchfahrt, auch durch Schwerlastverkehr, der auf die B4 strömt. Sie fühlen sich benachteiligt, da Zapfendorf durch eigene Mittel eine Ortsumfahrung realisiert, die zu Lasten der Ebinger den Verkehr genau durch die schöne Ortschaft führt. Hier wäre der Marktgemeinderat gefragt gewesen.
Tipp zum Weiterlesen: Informationen zu den geplanten Maßnahmen finden Sie auch in unserem Artikel Planungen von Bahn und Landkreis stoßen auf wenig Gegenliebe.
Für Dieter Thormann hat sich der Abend in Ebing wohl gelohnt, Betroffenheiten und Befindlichkeiten waren aus den Fragen und kritischen Statements deutlich herauszuhören, können aber nur berücksichtigt werden, wenn sie schriftlich bei der Regierung von Oberfranken eingehen und dort geprüft werden. Für die DB-Projektbau gilt lediglich: „Wir nehmen die Meinungen der Bürger zur Kenntnis.“ Den Ebingern bleiben viele Fragen und Betroffenheiten, die vor Fristende des Einspruchsverfahrens nicht alle geklärt oder angesprochen werden können. Manche Befürchtungen werden erst ausgeräumt sein oder wahr werden, wenn die Baumaßnahmen beginnen, denn auch Berufs- und Schienenersatzverkehr, Schulwegsicherheit und Straßensperrungen während sind unvermeidlich.
Kommentar: Lieber mit dem Auto?
Bislang war ich der Meinung: Richtlinien, Grenzwerte und gesetzliche Vorgaben schützen die Bürger. Bei Informationsveranstaltungen der DB-Projektbau GmbH drängt sich allerdings leicht der Eindruck auf, dass sie als Schutz der Bahn vor den „unglaublichen“ Forderungen der Bürger herhalten müssen. Zwischen Bamberg und Zapfendorf werden, da gesetzlich angeblich keine Verpflichtung besteht und auch keine Fördermittel zu erwarten sind, an den drei Bahnhöfen keine barrierefreien Zugänge zu den Nahverkehrsgleisen eingeplant. Dabei vergisst die Bahn leider, dass sie durch den Ausbau und die Verlegung der Nahverkehrsgleise in die Mitte, bislang bestehende barrierefreie Zugänge abbaut. Aber: Wäre Barrierefreiheit bei dem Kostenvolumen nicht Kleingeld? Da tröstet auch die Aussage Bruno Kellners, dass ja nicht einmal Bad Staffelstein für seine Reha-Patienten einen entsprechenden Zugang hat, wenig.
Und was bringt den Bürgern ein Ausbau der ICE-Strecke, wenn sie mit dem Nahverkehr nicht einmal mehr in die nächstgrößere Stadt oder zum nächsten ICE-Haltepunkt kommen? Früher oder später brauchen wir alle einen barrierefreien Zugang. Radfahrer, Senioren, Eltern mit Kinderwagen oder der Mitarbeiter der DB-Projektbau, der mit zwei Armen voll Ordnern mit Planunterlagen zur Informationsveranstaltung fährt. – Der nicht? Stimmt, die Nahverkehrsanbindung ist ja so konzipiert, dass selbst er lieber mit dem Auto fährt.
Das ein Projekt dieser Größe nicht nur Freunde finden wird ist wohl selbstverständlich. Aber absolut unverständlich ist die Tatsache, dass Barrierefreiheit keine Rolle spielen darf.
Schon Bundes- und Landesregierungen sind seit Jahren bestrebt dieses Thema zu forcieren. Sie haben dies in mehreren gesetzlichen Regelungen z.B. im Bauwesen verwirklicht (siehe http://www.stmi.bayern.de/buw/bauthemen/barrierefreiesbauen/index.php). Und selbst die Wirtschaft hat mit der DIN 18040 Grundlagen dazu geschaffen. Warum die Deutsche Bahn AG, die sogar eine eigene Internetseite zu diesem Thema unterhält (http://www.bahn.de/p/view/service/barrierefrei/uebersicht.shtml) sich bei einem Milliardenprojekt vor den Mehrkosten fürchtet ist und bleibt mir unverständlich.