Energiepolitik ≠ Tagespolitik: Was machen die Regionalwerke?

„Wir werden eine Länderöffnungsklausel in das Baugesetzbuch (BauGB) einfügen, die es ermöglicht, länderspezifische Regeln über Mindestabstände zur Wohnbebauung festzulegen.“ Dieser Satz aus dem Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD dürfte Hubert Treml-Franz, Geschäftsführer der Regionalwerke Bamberg GmbH, nicht gefallen. Denn bislang müssen laut Baurecht Windräder einen Abstand von 800 Metern zur Wohnbebauung einhalten, die Regionalplanung in Oberfranken sieht 1.000 Meter vor. „Wenn neue Abstandsregelungen greifen, bleiben in der Region faktisch keine Gebiete mehr übrig.“

1,9 Prozent der Fläche im Bereich des Regionalplans Oberfranken-West (von Ebrach bis Gößweinstein und von Ludwigstadt bis Kleinsendelbach bei Forchheim) kommen aufgrund der Windgeschwindigkeiten für den Bau von Windrädern in Frage. Entscheidet die Bundespolitik, unter Druck gesetzt durch den Bundesrat und federführend durch den bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer (CSU), die Abstandsflächen auf das zehnfache der Nabenhöhe zu erhöhen, sind es nur noch 0,05 Prozent – also „faktisch keine Gebiete mehr“, wie Hubert Treml-Franz im Gespräch mit Nachrichten am Ort erklärt. Bei einem 150 Meter hohen Windrad wären das dann 1.500 Meter, statt bislang 1.000 Meter.

Windkraft Sassendorf
Bislang alleine: Das Bürgerwindrad bei Sassendorf.

„Wir sind im Landkreis in Sachen Windenergie ohnehin spät dran, während wir bei der Photovoltaik über den Ausbauzielen liegen.“ Der Grund: Über Jahre wurde die Solarenergie stark gefördert, zu stark nach der Meinung von Treml-Franz. „Die Windenergie ist im Landkreis Bamberg unverzichtbar, um die Ziele, die wir uns unter anderem mit der Klimaallianz von Stadt und Landkreis gesetzt haben, zu erreichen.“

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Während unter anderem in Breitengüßbach und Zapfendorf/Sassendorf kritisch über die Windkraft diskutiert wird (siehe unsere Artikel Windenergie und Autowäsche am Sonntag sorgen für Diskussionen und „Wir dürfen uns nicht von einem Schwarzbau erpressen lassen!“), konnten die Regionalwerke Bamberg vergangene Woche einen Erfolg vermelden: Gemeinsam mit dem Markt Heiligenstadt, den Stadtwerken Bamberg und den Stadtwerken Ebermannstadt, soll zu Beginn des neuen Jahres eine Projektgesellschaft mit Sitz in Heiligenstadt gegründet werden. Diese soll dann einen Windpark mit vier bis acht Bürgerwindrädern im Vorranggebiet bei Brunn entwickeln. Über 60 Prozent der Anteile sollen Bürger aus der Region erhalten, davon sind mindestens 30 Prozent für Anwohner im direkten Umfeld reserviert. Die Bürgerwindräder sind für Treml-Franz wichtig: „Oft wurden Projekte an Stadtwerke und Fonds verkauft, dieses System durchbrechen wir mit den Regionalwerken.“

Die Nabenhöhe ist nicht aus Spaß so hoch

Geht es ums Finanzielle, verweisen Kommunalpolitiker oft darauf, dass die Gesetze in Berlin und München entstehen, die Kommunen aber für die Kosten aufkommen müssen. Auch im Bereich der erneuerbaren Energien trifft dieser Vorwurf zu – denn umgesetzt werden muss die Energiewende nun einmal in den Regionen. „Die erneuerbaren Energien müssen sich den Herausforderungen des Marktes stellen, wir brauchen dringend eine Ausgewogenheit zwischen Erzeugung und Nachfrage. Mit der Änderung des Baurechts macht die Politik uns das Leben schwer, denn der gerade wieder überarbeitete Regionalplan, der in engagierter Kleinarbeit über Jahre entstanden ist, wäre bei einer Änderung der Abstandsflächen null und nichtig. Die Nabenhöhe eines Windrads ist nicht aus Spaß so hoch, weil die Erfahrungen gezeigt haben, dass die Turbulenzen ab gewissen Höhen deutlich niedriger sind und sich die Effizienz dadurch stark erhöht.“

Regionawerke Hubert Treml-Franz 2013
Regionalwerke-Geschäftsführer Hubert Treml-Franz in seinem Büro in Bamberg.

Natürlich geht es bei den Regionalwerken nicht nur um die Windkraft. „Seit Juni haben wir die Möglichkeit, die Themen der Gemeinden aktiv zu bearbeiten. Mit einer Handvoll ist die Zusammenarbeit bereits sehr intensiv. Bislang gibt es in vielen Gemeinden Einzelstudien, es gilt für uns daher, diese Informationen zusammenzuführen und tragfähige Modelle zu entwickeln.“ Ob Energienutzungs- und Beleuchtungskonzepte für kommunale Gebäude oder Effizienzberatung – die Möglichkeiten der Regionalwerke sind vielfältig. Beim Bau von Energieanlagen können sie auch Flächensicherung betreiben und die verschiedensten Beteiligungsoptionen (zum Beispiel über Bürgerwindräder) einleiten. Auf die Konstruktion der Regionalwerke, deren Gesellschafter zu je einem Drittel der Landkreis, die Stadt (mit den Stadtwerken) und 31 Kommunen aus dem Landkreis Bamberg sind, ist Treml-Franz stolz. „Es kamen auch schon Anrufe aus Nordrhein-Westfalen, wo jemand wissen wollte, wie wir das hier machen. Die Regionalwerke sind bislang ein relativ einzigartiges Modell.“

Kein lebenslang abgesichertes Ruhepöstchen

Dabei ist das Team sehr übersichtlich. Ständig verfügbar sind lediglich Geschäftsführer Hubert Treml-Franz und seine Assistentin Saskia Delbrügge. Durch die Kooperation mit externen Partnern können benötigte Leistungen aber jederzeit extern vergeben werden. „Wichtig ist mir der Unterschied zu so genannten Klimaagenturen“, sagt Treml-Franz. „Die machen reine Beratung, wir können im Anschluss auch bei der Umsetzung helfen.“

Wirtschaftsingenieur Treml-Franz bringt über 20 Jahre Projekterfahrung mit. Die Stellenausschreibung empfand er als Herausforderung und setzte sich in einem Bewerbungsverfahren, das über die Stadtwerke Bamberg abgewickelt wurde, gegen zahlreiche Mitbewerber durch. „Ich wollte kein lebenslang abgesichertes Ruhepöstchen“, verrät der Baunacher zum Abschluss des Gespräches. Für ihn gilt es, die Regionalwerke weiter mit Leben zu erfüllen, noch bekannter zu machen und die Kooperation mit den Kommunen zu verstärken. Sicher werden im neuen Jahr zahlreiche Anfragen kommen – vielleicht auch, weil die große Politik einmal mehr die Voraussetzungen verändern wird.

 

Tipp zum Weiterlesen: Wir haben uns bei Nachrichten am Ort schon Anfang 2012 mit dem Thema Energieautarkie im Landkreis Bamberg auseinandergesetzt. Lesen Sie dazu unseren Artikel Warum Energie von der Nordsee nach Oberfranken schaffen? Projekt Energieautarkie Bamberg.

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