3,6 Millionen Euro. So viel hat die Stadt Baunach noch nie allein aus der Gewerbesteuer eingenommen. In der letzten Sitzung des Stadtrats im Jahr 2014 hatte Bürgermeister Ekkehard Hojer viel Erfreuliches zu verkünden. Auch weitere Berichte standen auf der Agenda. Außerdem wurde Kritik an den Architekten des Bürgerhauses laut – bezüglich der Barrierefreiheit beim Bürgerhaus Lechner Bräu.
Hohe Einnahmen bedeuten auch immer hohe Umlagen. Somit verzeichnet Baunach nicht nur Rekordeinnahmen bei der Gewerbesteuer, sondern muss 2014 auch mit einer höheren Kreisumlage an den Landkreis Bamberg leben, sie steigt von 1,1 auf 1,7 Millionen Euro. Schlüsselzuweisungen gibt es keine mehr. Und auch die Umlage für die Verwaltungsgemeinschaft wächst auf 489.000 Euro, insbesondere die hohen Kosten für die Schule spiegeln sich hier wieder. Bürgermeister Ekkehard Hojer hatte dennoch keinen Grund, unzufrieden zu sein: „In Baunach wohnt man gerne“, sagte er mit Blick auf die konstanten Einwohnerzahlen. Allerdings sei aktuell ein Mangel an Bauplätzen und Wohnungen zu verzeichnen.
Auf die wichtigsten Ereignisse und Projekte blickte er kurz zurück. Öffentlichkeitswirksam waren die Sanierung der B279 durch Baunach, der Aufbau der Behelfsbrücke sowie die „Architektouren“, an denen das Bürgerhaus teilnahm. 2015 soll nicht nur die Baunachbrücke saniert werden, auch das Beinhaus steht im Fokus. Im Frühjahr/Sommer erwartet Hojer Ergebnisse für die Einhausung der Hölzernen Männer, und auch die Schulsanierung steht ganz oben auf der Agenda. Im Rückblick auf die Kommunalwahlen bedankte sich Hojer nochmals bei den ausgeschiedenen Stadträten.
Stadtbücherei hat ein erfolgreiches Jahr hinter sich
Für den Jahresabschlussbericht der Stadtbücherei zeichnete sich Melanie Schmitt verantwortlich. Sie konnte von 776 aktiven Lesern, 26.100 Entleihungen und über 30 Veranstaltungen im Jahr 2014 berichten. „Es war ein mutiger Schritt des alten Stadtrats, eine solch große Bücherei ins Bürgerhaus zu bauen. Es zeigt sich, dass sie ein Gewinn für Jung und Alt ist, dass sie zu einem Treffpunkt, einer Begegnungsstätte geworden ist“, so Schmitt. Sie lobte insbesondere die Zusammenarbeit mit den Schulen und Kindertagesstätten.
Vielfältige Aktionen gab’s 2014 in der Stadtbücherei. Im Fokus standen zumeist Kinder und Jugendliche.
Auch der Jugendbeauftragte Luigi De Vita, die Behindertenbeauftragte Heyke Koch und die Seniorenbeauftragte Maria Reich informierten den Stadtrat über ihre Arbeit im nun zu Ende gehenden Jahr. De Vita kündigte an, beim Sommerferienprogramm künftig mit den Jugendbeauftragten im Bereich der Verwaltungsgemeinschaft zusammenarbeiten zu wollen, um so auch größere Ausflüge, etwa mit einem Bus, kostengünstig organisieren zu können. Koch lobte die Bemühungen der Stadt in Sachen Barrierefreiheit, sah aber immer noch große Baustellen, besonders mit Blick auf den Marktplatz. Außerdem regte sie die Einrichtung eines Fahrdienstes für ältere Menschen an, etwa für Arzt- oder Therapeutenbesuche.
Ein weiterer Schritt zur Barrierefreiheit sind die nun durchgeführten Bordsteinabsenkungen in ganz Baunach.
Bürgerhaus: Schwächen bei der Barrierefreiheit?
Als eigener Tagesordnungspunkt wurde diesmal ein Antrag der CSU-Stadträtin Sabine Saam aufgerufen, auf „Herstellung der Zugänglichkeit und Barrierefreiheit im Bürgerhaus Lechner-Bräub“. Saam begründete den Antrag damit, dass der Zugang nicht barrierefrei sei, nicht für jeden nutzbar. Es handele sich dabei um einen Planungsfehler. „Wir sollten einmal nicht in Beton und Steine, sondern in die Teilhabe investieren“, so Saam. Bürgermeister Hojer wies darauf hin, dass das Bürgerhaus barrierefrei errichtet und auch so abgenommen sei. Insgesamt habe man eine gute, wenn auch keine Ideallösung erreicht, da große Teile der alten Brauerei erhalten bleiben sollten. Er habe auch eine Stellungnahme vom Architekturbüro Brückner & Brückner eingeholt. Inhalt: Die Planer hätten sich an die Barrierefreiheit laut DIN 18040 gehalten. Ein elektronischer Türantrieb sei bei der aktuellen Konstruktion nicht möglich, pro Tür müssten daher die Türprofile ausgetauscht werden. Dies koste netto etwa 8.000 Euro, betroffen seien drei Eingangstüren. Hojer empfahl, auf das für 2015 erwartete Programm „Bayern barrierefrei“ des Freistaats zu warten und dann gegebenenfalls über Fördergelder eine solche Umrüstung durchzuführen.
Allein damit gab sich der Stadtrat nicht zufrieden. Beschlossen wurde, nachdem von mehreren Stadträten auch Kritik am Architekturbüro laut wurde, nicht nur mögliche Lösungsvarianten zu erarbeiten und sich um Fördergelder zu bewerben, sondern auch zu prüfen, ob nicht doch ein Planungsfehler vorliegt.
Gedanken zur Barrierefreiheit in Baunach
Meinem Beitrag voranstellen möchte ich das Zitat eines Freundes, Benedikt Lika, Stadtrat in Augsburg: „Barrierefreiheit ist Notwendigkeit für die einen, Komfortgewinn für alle!“
Seit Mai 2014 bin ich Stadträtin von Baunach, die erste im Rollstuhl. Die Menschen haben mich bewusst gewählt und ich sehe mich somit auch als Sprachrohr für Benachteiligte. Barrierefreiheit beinhaltet für mich die Gestaltung der Umwelt, der Kommunikation und der Information, so dass sie von behinderten und älteren Menschen genauso genutzt und verstanden werden können, wie von Menschen ohne Behinderung. Barrierefreiheit ist nicht priorisierbar, es kann keine wichtigeren Projekte geben, denn Barrierefreiheit ist Teil jeden Projekts.
Wer ist oder wird behindert? Menschen mit Rollstuhl, Rollator, Gehhilfen, Mobilitätseingeschränkte, Mütter mit Kinderwagen, Sinneseingeschränkte und geistig Behinderte. Mein Leitspruch ist: „Eine Behinderung kann jeden treffen, immer, überall. “ Inklusion und der Abbau von Barrieren ist ein für mich ein Prozess von gesamtgesellschaftlicher Relevanz. Damit dieser Prozess erfolgreich verläuft, ist es notwendig, dass wir Menschen mit Beeinträchtigungen – wenn wir es können und ich kann es – am politischen Alltag teilnehmen und nicht andere für uns sprechen lassen. Es kommt darauf an, aus welcher Perspektive man die Dinge betrachtet. Dieser Perspektivenwechsel wird bei vielen Entscheidungen leider vergessen – und darin sehe ich auch meine Aufgabe. Raus aus der Parallelwelt, es gibt nur eine, und die müssen wir gemeinsam barrierefrei und inklusiv gestalten.
Woran mangelt es am meisten?
Zum einen am gegenseitigen Verständnis – und das sehe ich nicht als Einbahnstraße. Ich will nicht Barrierefreiheit auf Biegen und Brechen, aber oft habe ich den Eindruck, dass einfach gar nicht daran gedacht wird. Beispielsweise bei der Eingangstür des Bürgerhauses oder dem dort fehlenden Blindenleitsystem oder Induktionsschleifen für Hörbehinderte. Wurde dem Design der Vorzug gegeben?
An der neu gestalteten Rathaus-Klingelsäule wurde keine Brailleschrift angebracht, obwohl mehrmals darauf hingewiesen wurde. Auf der Übersichtstafel am Bürgerhaus hingegen wurde das umgesetzt. Gefällt mir!
Auch stellen sich mir Fragen wie beispielsweise: Wo findet sich leichte Sprache in Baunach wieder? Und wo kann jemand, der auf Barrierefreiheit angewiesen ist zum Beispiel ein Jubiläum oder ein größeres Fest feiern? In einer Gastwirtschaft – nein, da scheitert es meist an der Toilette. Im Bürgerhaus – nein. Das heißt zwar so, darf vom Bürger aber nicht für solche Zwecke genutzt werden und das ist und bleibt mir unverständlich.
Positiv anzumerken ist der barrierefrei gestaltete Bahnhof. Besonders freut mich, dass wir in Baunach eine barrierefreie öffentliche Toilette haben, die am Weihnachtsmarkt auch schon gut genutzt wurde.
Mehr als zehn Prozent der Bürgerinnen und Bürger von Baunach leben mit einer Behinderung, ein enormes Potential. Ich wünsche mir, dass sich viele weitere Stimmen erheben, sich einbringen, mit Ideen auf mich zukommen und mit dem Stadtrat daran arbeiten, dass „Bayern barrierefrei 2023“ in Baunach gut umgesetzt wird. Barrierefreiheit ist kein Wunsch, sondern ein Menschenrecht.